Berliner Bilderbogen
Pinselheinrich malte kesse Jören

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In diesem Jahre jährt sich zum 80. Mal der Tag, an dem ein gewisser Pinselheinrich seinen Zeichenstift für immer aus der Hand legte: Heinrich Zille. Ein echter Berliner, der wie so viele echte Berliner nicht aus Berlin, sondern aus dem sächsischen Radeberg stammte. Die er malte, liebten ihn. Manche nannten ihn Gossenmaler oder Abortzeichner. Andere hingen ihm das Etikett »Daumier von der Panke« an oder schrieben vom »Raffael der Hinterhöfe«. Käthe Kollwitz fügte hinzu, es gäbe einen weiteren Zille, »und dieser ist mir der liebste. Der ist weder Humorist für Witzblätter noch Satiriker. Er ist restlos Künstler. Ein paar Linien, ein paar Striche, ein wenig Farbe mitunter - und es sind Meisterwerke.«

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Neun Jahre nach seiner Geburt am 10. Januar 1858 zog die Familie nach Berlin. Nach etlichen Wegen und Umwegen arbeitete er für den »Simplicissimus«, für die »Lustigen Blätter«, den »Eulenspiegel«, den »Knüppel«, die »Pleite«, für den »Roten Pfeffer«, den »Ulk« und andere Zeitschriften. Er gab Alben und Bücher heraus, war in Ausstellungen vertreten. Ab 1903 gehörte Zille der Berliner Sezession an, die sich auf Betreiben von Max Liebermann vom herkömmlichen Kunstbetrieb abspaltete. Zehn Jahre später verließ er sie mit anderen und gründete die Freie Sezession mit Max Liebermann als Ehrenpräsidenten. Zille wurde Vorstandsmitglied. Auf Liebermanns Anregung wurde Zille 1924 mit der ErPinselheinrich - Heinrich_Zille_stampnennung zum Professor schließlich Mitglied der Akademie der Künste.

 

Als Heinrich Zille am 9. August 1929 in Berlin starb, erhielt er auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf ein Berliner Ehrenbegräbnis (Begräbnisblock Epiphanien, Feld 14, Gartenstelle 34/35). Rund 2000 Trauergäste, darunter zahlreiche Künstler und viel Volks, gaben ihm die letzte Ehre. 41 Jahre nach seinem Tod bequemte sich Berlin, ihn zum Ehrenbürger zu ernennen. Zum 150. Geburtstag Zilles gab das Bundesfinanzministerium eine Sonderbriefmarke heraus. Die 55-Cent-Briefmarke zeigt die vom Pinselheinrich gezeichnete »Gesellschaft in einer Altberliner Pinselheinrich - 250px-WP_Zille_SelbstporträtDestille«. M.H


ZILLE ZITATE

Immer habe ich mit den kleinen Leuten gelebt, die für mich die Großen waren ... Ich versuchte in Bild und Wort die 'Vergessenen' zu bannen.

Keine Stunde ließ ich ungenutzt, beobachtete und strichelte drauf los und konnte, trotzdem ich im graphischen Gewerbe war und damit mein Brot verdienen mußte, manchen Beitrag für Zeitschriften mit Erfolg loswerden.

Mir sind die Menschen und Gassen seit langem vertraut ... Elende Zufluchtsorte in nassen Kellern und über stinkenden Ställen, ohne Luft und Sonne. »Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genau so gut töten wie mit einer Axt.«

Die Hälfte der Kinder kennt keinen Sonnenaufgang, keinen Sonnenuntergang, hat keinen Singvogel singen hören, kein fließendes Wasser; keinen Frosch, keine Schnecke gesehen.


Aus:
Deutsche Geschichte - Europa und die Welt - 1.2009 - mit freundlicher Erlaubnis des Herausgebers

10. Januar 1858 in Radeburg bei Dresden;
† 9. August 1929 in Berlin

»Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genau so gut töten wie mit einer Axt.«
Wer weiß das noch?
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