Erlöserkirchen-Gemeinde und CJZ üben kirchliche Selbstkritik
Ausstellung über Ecclesia und Synagoga / „Der klerikale Antijudaismus ist eine der Hauptwurzeln des modernen Antisemitismus"

In der Erlöserkirche ist vom 23. April 2006 an die Ausstellung „Ecclesia und Synagoga" zu sehen. Darin arbeitet der Initiator Herbert Juchem kritisch die Darstellung des Judentums in der christlichen Kunst auf.

Bad Homburg - „Schöne Bilder dekorieren bei näherem Hinsehen große Häßlichkeiten", sagt Herbert Juchem, Theologieprofessor aus Saarbrücken. Er will mit den rund 50 Zeugnissen christlicher Kunst aus acht Jahrhunderten dokumentieren, „wie sehr die christliche Judenfeindschaft Voraussetzungen für den nationalsozialistischen Judenhaß schuf. Veranstalter der Ausstellung sind die Erlöserkirche und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) Hochtaunuskreis.

„Wir wollen damit einen Beitrag zur kirchlichen Selbstkritik leisten, denn der kirchliche Antijudaismus ist eine der Hauptwurzeln des modernen Antisemitismus", sagt Pfarrerin Astrid Bender. „Aber wir wollen uns auch auseinander setzen mit dem heutigen Verhältnis von Christen und Juden."

Der Ursprung der Ausstellung geht zurück auf den Beschluß „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Juden und Christen" der evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Jahr 1980. Seit den frühen 1990er Jahren war die Wanderausstellung in vielen deutschen Städten zu sehen und löste oft ein geteiltes Echo aus.

Ecclesia und Synagoga im Wandel

In den Mittelpunkt rückt die Bilderschau die beiden allegorischen Frauenfiguren „Ecclesia" (sie steht für das Christentum) und „Synagoga" (für das Judentum, die Wurzel des Christentums), die seit dem frühen Mittelalter als Frauengestalten unter dem Kreuz dargestellt werden. Die Figuren haben sich über die Jahrhunderte gewandelt. Wird das Verhältnis in karolingischer Zeit noch als Eintracht verstanden, so wird Synagoga später mit dem Unglauben identifiziert.

Im Zeitalter der Kreuzzüge bricht offene Feindschaft gegen Juden aus. „Synagoga wird als Mörderin Christi diffamiert, die mit einem Speer das Lamm durchbohrt", beschreibt die CJZ-Vorsitzende Margret Nebo den Bedeutungswandel. Oft erscheint Synagoga in gelber Kleidung, die Farbe steht unter anderem für die Stigmatisierung der Juden. Noch 1910 erscheint Synagoga im gelben Gewand und mit gebrochenem Stab auf dem Schnitzaltar von St. Marien in Bad Homburg.

Margret Nebo ermuntert vor allem Jugendliche, sich anhand der Ausstellung mit der Geschichte der Juden in Deutschland zu befassen. Der Holocaust liege zwei Generationen zurück, viele Lehrer beschäftigten sich heute nur noch ungern mit diesem Thema. „Sie haben Ängste und Schuldgefühle, ich weiß nicht warum", sagt die frühere Lehrerin am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium. Deshalb haben die Veranstalter ein Begleitprogramm mit Vorträgen unter anderem auch für Lehrer zusammengestellt. Außerdem bieten sie Führungen für Schulklassen an. tob

DAS PROGRAMM ZUR AUSSTELLUNG

- Sonntag, 23. April: 10 Uhr, Eröffnungsgottesdienst in der Erlöserkirche, Predigt von Herbert Jochum, Saarbrücken.

- Montag, 24. April: 15 Uhr, Einführung für Religionslehrer mit Peter Eberhardt (Anmeldung 061 72/21089).

- Donnerstag, 27. April: 19.30 Uhr, Wie kam es zur Trennung - was verbindet Juden und Christen?", Gemeindehaus, Dorotheenstraße 19, mit Landesrabbiner Henry Brandt und Hubert Frankemölle.

- Mittwoch, 10. Mai: 19.30 Uhr, Jüdische Feste und das Kirchenjahr" mit Ansgar Koschel und Rabbiner Andy Steimann, Erlöserkirche.

- Mittwoch, 17. Mai: 15 bis 19 Uhr, Filme zur Geschichte zwischen Juden und Christen, Humboldtschule, Jacobistraße 37. TOB

Die Ausstellung „Ecclesia und Synagoga" ist vom 23. April bis 21. Mai 2006, dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr, in der Erlöserkirche, Dorotheenstraße 1, zu sehen. Führungen für Schulklassen können vereinbart werden unter  0 61 72/210 89. Der Ausstellungskatalog kostet 15 Euro.

Frankfurter Rundschau - 12.4.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR