Es waren Bad Homburger"
Um 12 Uhr brannte die Synagoge / Gedenkfeier zur Erinnerung an Pogrome von 1938

Bei einer Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof zum Jahrestag der Pogromnacht saßen und standen gestern Christen und Juden dicht gedrängt in der kleinen Trauerhalle, um gemeinsam an die Ereignisse vom 10. November 1938 in Bad Homburg zu erinnern und der Opfer zu gedenken.

BAD HOMBURG - „Um zwölf Uhr wurde am 10. November 1938 die Bad Homburger Synagoge in Brand gesetzt. Danach zogen die Zerstörungstrupps los. Es waren Bad Homburger, die die Synagoge niederbrannten, keine Frankfurter, wie oft behauptet wird ", sagte Margret Nebo, katholische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hochtaunus (CJZ) in ihrer Eröffnungsrede. Auch 67 Jahre nach den Ereignissen reagierten die Bad Homburger Zuhörer tief betroffen.

Lennart Werner und Britt Bergen, Schüler des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums, lasen Täter- und Opferberichte vor, die sie aus dem Buch „Geschichte der Juden in Bad Homburg" zusammengestellt hatten. Der 16-jährige Lennart Werner und die 18-jährige Britt Bergen waren „schockiert", als sie ihre Redebeiträge aus dem Buch über die Geschichte der Bad Homburger Juden zusammenstellten. „Es waren die kleinen Dinge, die uns so betroffen gemacht haben", sagte Britt Bergen, die den Bericht der Familie Fuld aus der Elisabethenstraße vorlas:

„Am 10. November 1938 haben die Nazis unsere Wohnung zerstört. Meine Großmutter wurde gefragt, wer der Offizier auf dem Bild in der Wohnung sei. Als sie antwortete, es ist mein Sohn, der als Freiwilliger im Weltkrieg gefallen ist, nahm ein Nazi das Bild von der Wand und zertrümmerte es, indem er es ihr auf den Kopf schlug." Der 16-jährige Lennart Werner empfand die Täter-Schilderungen, die er aus dem Buch zusammengestellt hatte, als tragisch: „Vor allem, dass das alles in Bad Homburg passiert ist. Von Frankfurt wussten wir ja einiges."

In einem Bericht heißt es: „Ich wurde am Tag dieser Aktion verständigt, dass ich mich um 14 Uhr in der Louisenstraße beim Hotel Viktoria bei Ortsgruppenleiter Dickopp und Propagandaleiter Heß melden sollte. Ich ging dorthin und sah am Gehsteig den Dickopp allein. Auf der anderen Seite stand Heß mit einem größeren Trupp, sämtlich in Zivil. Dickopp gab mir folgenden Auftrag: »Schließ dich diesem Trupp an und achte auf

die Anweisungen: Es dürfen keine Fensterscheiben eingeschlagen werden. Es dürfen keine Juden misshandelt werden. Gib darauf acht, dass nichts gestohlen wird/"

Mehr als 60 Christen und Juden waren zur Gedenkfeier gekommen. Ansgar Koschel von der CJZ wies in seiner Ansprache darauf hin, dass das Verhältnis und die Zusammenarbeit zwischen der jüdischen und christlichen Kirche noch recht dürftig ist und allzu oft als Nebensache betrachtet werde. „Wir wollen auf ein neues Verhältnis hinwirken", appellierte er an die Zuhörer. Im Anschluss an die Gedenkfeier besuchten die Gäste den jüdischen Friedhof.                            CORNELIA FÄRBER
Homburger Kristallnacht375

Lennart Werner und Britt Bergen, Schüler des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums, berichten bei der Gedenkfeier, was am 10. November 1938 in Bad Homburg geschah.

Frankfurter Rundschau – 14.11.05 – mit freundlicher Erlaubnis der FR