Fernrohr in die Vergangenheit
Neues Konzept für Keltenrundwanderweg im Taunus soll mehr Tagestouristen anlocken

Von Jürgen Streicher

Die Reste alter Wälle erkennen nur Profis wie Archäologe Christoph Schlott auf den ersten Blick. Oder das Podium, wo vielleicht vor über 2000 Jahren ein schmuckes keltisches Wohnhaus gestanden haben mag. Zehntausende Kelten sollen oberhalb der Hohemark, rechts und links der heutigen Kanonenstraße, zwischen Goldgrube und Weiße Mauer gelebt haben. Ein paar Tafeln am sogenannten Keltenrundwanderweg weisen daraufhin, Familien mit erlebnishungrigen Kindern lockt das im Event-Zeitalter kaum an. Der wissenschaftlich-archäologisch angelegte Lehrpfad trifft nur bei einer kleinen Zielgruppe auf Interesse.

Archäologe Christoph Schlott und sein Institut für kulturgeschichtliche Medien Terra Incognita hat nun im Auftrag der Stadt Oberursel ein Konzept entwickelt, wie der bereits bestehende Keltenrundwanderweg, erlebnispädagogisch aufgewertet, größere Zielgruppen ansprechen könnte.


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So könnte - nach einem Vorbild im Altmühltal - die Gestaltung eines keltischen Grabhügels aussehen.

Das keltische Erbe soll sichtbar, fühlbar und begreifbar werden. Damit die Ausflügler, Tagestouristen und wißbegierige Geschichtsinteressenten nicht wie bisher am Heidetränk-Oppidum nur vorbeirauschen - etwa zum Römerkastell Saalburg, das erlebbare Geschichte bietet.

Der Traum vom richtigen Keltendorf im Wiesental oberhalb der Hohemark, den vor allem die CDU lange hatte, ist aus naturschutzrechtlicher und vor allem aus finanzieller Sicht längst ausgeträumt. Ein Keltenhaus im Originalmaßstab, ein Eingangstor in das Oppidum oder einen Teil der acht Kilometer langen Wallanlage werden die Archäologen mit dem Etat von 150 000 Euro nicht nachbauen können. Er soll aber reichen, um mindestens ein Dutzend Stationen mit „erlebnispädagogischen Elementen" einzurichten. Im Kleinformat für kleine Kinder auf einem kurzen Weg, etwas größer auf dem unteren Teil des bisherigen Rundweges.

Die Kelten haben unglaublich viel Holz und Steine für ihren Wall verbaut.

Ausgangspunkt für die Erlebniswanderung wird jeweils die Endhaltestelle der U3 mit dem benachbarten Taunus-Informationszentrum sein, das rechtzeitig zum Hessentag 2011 fertig sein soll. Vermitteln will Schlott etwa, wie unglaublich viel Holz und Steine die Kelten verbraucht haben, um ihre Stadt auf den Hügeln vor der heutigen Rhein-Main-Ebene mit einem Wall zu umgeben. Oder statt eines nachgebauten Keltenhauses zumindest über einen Pfostengrundriß die Wohnverhältnisse der damaligen Zeit aufzeigen. Keltenkrieger als Drehfiguren könnten eine andere Station zieren, ein Fernrohr wie bei einem Kaleidoskop den Blick in die Vergangenheit öffnen.

Eng verknüpft ist das Konzept mit dem Bau des Taunus-Informationszentrums am Hohemark-Kreisel, dem „Tor zum Taunus", so Bürgermeister Hans-Georg Brum (SPD). Es wird Tourismus und Naturpark vereinen, Seminarräume, ein kleines Museum und Gastronomie bieten. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten weitere erlebnispädagogische Elemente in das bestehende Wegenetz integriert werden und damit die Kelten etwa mit Waldmuseum, Schillerturm und Altstadt verbinden.
 

Zwei Welten

Das Taunus-Informationszentrum an der Hohemark wird Ausgangspunkt für den neu gestalteten Keltenrund-Wanderweg sein. Direkt dort wird eine ganz kleine Route für Kinder bis zehn Jahren angelegt, die mit Spielpausen in Minuten leicht zu durchlaufen ist.

Jenseits der Kanonenstraße sollen ab dem Frühsommer 2011 auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern vielfältige Angebote das Thema „Kelten und Natur" ebenfalls kindgerecht vermitteln und erfahrbar machen.

Die Stadt Oberursel will für das Projekt Erlebnispädagogik mit Keltengeschichte 150.000 Euro zur Verfügung stellen. jus

Frankfurter Rundschau - 15.7.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR