Quellfassungen, früher und heute
Von Thomas Ohlenschläger

Frühe Brunnenfassungen   

Wann die Kronthaler Mineralquellen erstmals gefaßt wurden, ist nicht genau bekannt. Die vor- und frühgeschichtlichen Funde deuten darauf hin, daß bereits die Römer und vermutlich auch die Kelten die Mineralquellen kannten und nutzten. Wir können davon ausgehen, daß der von Bächen durchflossene Talboden damals sehr schlammig und versumpft war und die Mineralwasseraustritte vor allem durch die aufsteigenden Gasblasen sowie die rostbraunen Eisenausfällungen erkennbar waren. Vermutlich war es nur über Stege möglich, die Quellaustritte zu erreichen. Die Quellen dürften mit Holzverschalungen gefaßt worden sein, um möglichst schlammfreies Wasser schöpfen zu können. Von diesen organischen Baustoffen ist nichts erhalten geblieben.

Kronthaler Quellenpark

Kronthaler Quellenpark (Zeichnung: Hanspeter Borsch).

Auch aus der Zeit von Dr. Ferdinand Küster sind keine Ausbauzeichnungen der Quellfassungen überliefert. Erstmals belegt ist die provisorische Fassung des Kronthalbrunnens etwa 1821. Es folgten 1833 der Stahlbrunnen (später Nymphenquelle) und die Wilhelmsquelle.1 Wegen der schwierigen Untergrundverhältnisse und je nach Wahl der Baustoffe (Holz, Metall, Beton) mußten in der Folgezeit immer wieder Reparaturarbeiten an den Fassungen vorgenommen werden. Speziell der damals verwendete Stampfbeton war den Angriffen der kohlensäurehaltigen Mineralwässer nicht gewachsen. In der Folge kam es zur Vermischung von Mineralwasser mit dem oberflächennahen Süßwasser sowie zu unkontrollierten Mineralwasser- und Gasaustritten in das umgebende Gestein. So mußten die 1922 von der Brechtel GmbH aus Ludwigshafen erneuerten Fassungen bereits drei Jahre später wieder saniert werden, da der Beton „durch und durch zerfressen und zerfallen" war.

Fassung der Brunnen im Jahre 1925

Der marode Zustand der Quellen war 1925 Anlaß für eine umfassende Sanierung der Quellfassungen, womit das Tiefbauunternehmen Küchler aus Kronberg beauftragt wurde. Nacheinander wurden drei Baugruben bis auf den Fels ausgehoben und die Quellen neu gefaßt. Bei dem damaligen Stand der Bautechnik und den schwierigen Untergrundverhältnissen mit weichen, lehmigen Böden, Grundwasser führenden Kiesschichten und Kohlensäureausgasungen war dies eine technische Meisterleistung.

Die erste Baugrube umfasste den Bereich der Kronthalquelle, die Küster- und die Fürstenbergquelle. Als zweite Baugruppe folgte eine gemeinsame Fassung für die Nymphen- (ehemalige Stahlquelle) und Hartmuthquelle und zuletzt die Wilhelmsquelle. In allen Baugruben wurde mit dem Erreichen der Felsoberfläche der Sericitgneis flächig gesäubert und die Quellspalten freigelegt. Die dabei gewonnenen Eindrücke beschrieb der damalige Landesgeologe sehr anschaulich: „Infolge dessen sah man das Mineralwasser mit großer Kraft bei jeder dieser Spalten in die Höhe sprudeln - sicherlich ein außerordentlich belehrendes Beispiel für das Wesen der Mineralquellen".

Das aus den parallel angeordneten Klüften entströmende Mineralwasser war von unterschiedlicher Zusammensetzung, was sich in abweichenden Salzkonzentrationen, Temperaturen und Kohlensäuregehalten darstellte. Die Ingenieure und Baumeister standen vor dem Problem ein Bauwerk zu errichten, das den aggressiven Medien Kohlensäure und Mineralwasser dauerhaft Stand halten und die jeweiligen Mineralwässer trennen sollte.

Das im Tief- und Kanalbau erfahrene Unternehmen wählte für die Mauern zweifach gebrannten Klinker, Hochofenzement als Mörtel sowie Asphalt und Ton zur Abdichtung. Die Fassung wurde ummauert und mit natürlichen Tonmaterialien gegen das Erdreich und Grundwasser abgedichtet. Zur Trennung der einzelnen Mineralquellen bzw. Spalten wurden Wände aus doppelten Klinkerlagen errichtet und die Zwischenräume mit Asphalt ausgegossen. Auf die Quellspalten wurden gelochte Steinzeugrohre verlegt, darüber kam gebrochener Taunusquarzit, der mit einer dreilagigen Schicht (so genannte Rollschicht) aus gemauerten Klinkersteinen abgedeckt und mit Asphalt abgedichtet wurde. Bis zur Geländeoberfläche wurde der jeweilige Quellenschacht mit Ziegelsteinen aufgemauert und mit einer Glocke aus Kupfer zur Sammlung des natürlich aufsteigenden Kohlendioxidgases ausgebaut. Die gewählten Baustoffe und die Bauausführungen stellten sich in den Folgejahren als durchaus beständig heraus.
Kronthalquelle im Schnitt - 1925

Schnitt durch die 1925 gefaßte Kronthalquelle (Zeichnung: Hanspeter Borsch).

Erschließungsarbeiten in den 1960er - 1990er Jahren

Die Hessische Getränkeindustrie GmbH erweiterte m den 1960er Jahren ihre Produktpalette und füllte neben den Mineralwässern vermehrt auch Limonaden ab, was schnell dazu führte, daß die vorhandenen Quellen und deren Schüttungen nicht mehr ausreichten. Auch erhöhte sich der Bedarf an „Süßwasser" (weniger mineralisiertem Wasser), der mit den vorhandenen Quellen und Brunnen nicht gedeckt werden konnte. Umfangreiche Bestandsaufnahmen ergaben, daß ein Teil der 1925 gefaßten Quellen wegen diverser Verschmutzungen nicht mehr für die Mineralwassergewinnung geeignet waren, zudem wiesen mehrere Quellen nur sehr geringe Schüttungen auf. Die Küster-, Nymphen-(alt) und Hartmuthquelle wurden daraufhin still gelegt. Als Ersatz wurden sowohl alte Quellfassungen durch Brunnenbohrungen vertieft als auch neue Brunnen gebohrt. Überbohrt wurden die Kronthalquelle bis 10 m Tiefe, die Fürstenbergquelle bis 42 m und die Wilhelmsquelle zunächst bis 13 m (1959), später bis auf 24 m (1968). Weiter westlich wurden die Nymphenquelle (neu) bis 30 m, die Theodorusquelle bis 60 m und im Osten die Mildequelle bis 28 m Tiefe gebohrt und als Brunnen ausgebaut.

Mit der Vertiefung der Kronthal-, Fürstenberg- und Wilhelmsquelle sollte nicht nur die Fördermenge erhöht, sondern auch die vermehrt in den dortigen Flachfassungen aufgetretenen Verschmutzungen mit Asphaltpartikeln umgangen werden, was letztlich auch für einige Jahre erfolgreich war. Der für die Mineralwasserabfüllung notwendige hohe Reinheitsgrad des Wassers wurde damit wieder erreicht. Die mit der Brunnenvertiefung verbundene Hoffnung, größere Mineralwasservorkommen zu erschließen, erfüllte sich nicht. Dies war letztlich der Grund, weshalb sich die Getränkeindustrie aus Kronthal zurück zog und die Abfüllung nur noch in einem vergleichsweise geringen Umfang fortgesetzt wurde. Auch von der Stadt Kronberg veranlaßte Untersuchungen zur Vertiefung der Wilhelmsquelle hatten 1991 nicht den gewünschten Erfolg, so daß Kronthal in einem „Dornröschenschlaf versank. Die Brunnen und Förderanlagen wurden in der Folge von dem damaligen Wassermeister der Stadt Kronberg, Hans Kapp, mit einem geringen Budget, aber umso größeren Einsatz, in Schuß gehalten. Seiner Vision, das Kronthal wieder mit Leben zu erwecken, war es u.a. zu verdanken, daß eine Mineralwasserleitung bis zum Berliner Platz und in die Tanzhausstraße verlegt wurde und die Kronberger dort „ihr" Mineralwasser zapfen konnten. Die bewilligte Entnahmemenge belief sich zuletzt auf 70.500 m3/Jahr.

Brunnensanierung 2004/2005

Die Abfüllung von Mineralwasser für den Versand unterliegt strengen Auflagen, die sich von täglichen Geschmacksprüfungen bis zu monatlichen chemischen und bakteriologischen Analysen erstrecken. Im Frühjahr 2003 fiel bei der Befüllung eines Vorlagetanks mit Wasser der Wilhelmsquelle erstmals ein Fremdgeschmack auf, der zur sofortigen Einstellung der Abfüllung führte. Auch die Zapfstellen im Quellenrondell und in der Altstadt wurden aus Vorsorgegründen vorübergehend geschlossen. Umfangreiche Untersuchungen ergaben, daß die geschmacklichen Auffälligkeiten mit den 1925 errichteten Quellfassungen in Zusammenhang standen. Speziell bei den in den 1960er Jahren still gelegten Flachfassungen der Hartmuth- und Nymphenquelle (alt) bewirkte der Kontakt zwischen dem kohlensäurehaltigen Mineralwasser und den mit Asphalt abgedichteten Bauwerken, daß Teerbestandteile in Lösung gingen und sich in dem Wasserreservoir der Flachfassungen anreicherten. Dieses verunreinigte Wasser muß im Untergrund eine Verbindung zu dem ab 18,6 m Tiefe im Felsgestein verfilterten Brunnenrohr der Wilhelmsquelle gefunden haben.

Mit den Untersuchungen wurde erstmals deutlich, daß alle Flachfassungen im Bereich des Rondells betroffen waren und die 1925 vorgenommenen Abdichtungsarbeiten ursächlich damit zusammenhingen. Der Hochtaunuskreis ordnete daraufhin an, die Boden- und Wasserbelastungen durch geeignete Sanierungsmaßnahmen vollständig und nachhaltig zu beseitigen. Die Sanierungsmaßnahmen wurden geplant, ausgeschrieben und an die Michel Bau GmbH aus Klingenberg am Main vergeben. Alle bereits angelaufenen Arbeiten zur Neugestaltung des Quellenparks und der historischen Parkanlage mußten unterbrochen werden.

Die in den 1960er Jahren über Bohrungen erschlossenen Heil- und Mineralwasservorkommen der etwas abseits gelegenen Theodorus- und Nymphenquelle (neu) wiesen keine teerhaltigen Brunnenausbauten oder unterirdische Verbindungen zu dem Quellenrondell auf, weshalb 2003 der Verkauf von Kronthaler Mineralwasser unter strengen Auflagen und ausschließlicher Abfüllung aus der Theodorusquelle erlaubt wurde.

Planung und Bauausführung standen letztlich vor den gleichen Aufgaben wie 1925. Es mußte jeweils eine Baugrube bis auf die Felsoberfläche hergestellt und die alte Fassung vollständig entfernt werden. Wesentliche Unterschiede bestanden darin, daß das zur Trockenhaltung der Baugrube geförderte Wasser wegen der Schadstoffe nicht direkt in die Bäche geleitet werden durfte und die umliegenden Feuchtgebiete mit ihrer empfindlichen Flora und Fauna nicht beeinträchtigt werden durften. Gelöst wurden die Aufgaben durch das Einrütteln von Spundbohlen (wasserdichter Verbau) und den Betrieb einer Reinigungsanlage.

Sanierung

Rammgerät bei der Herstellung des Spundwandverbaus im Bereich der Kronthal-, Küster- und Fürstenbergquelle.

Die Abbrucharbeiten gingen aufgrund des sehr festen Mauerwerks und der beengten Platzverhältnisse innerhalb der Baugrube nur langsam voran. Baustatisch waren die Schachtbauwerke nach fast 80 Jahren immer noch in einem sehr guten Zustand. Der Rückbau offenbarte auch das ganze Ausmaß der zur Abdichtung verwendeten Teermengen, weshalb fast der gesamte Abbruch auf einer gesonderten Deponie entsorgt werden mußte.

Wesentlicher Bestandteil der behördlichen Auflagen war die lagegenaue Rekonstruktion der alten wasserrechtlich geschützten Quellfassungen. Die bereits 1925 mit ihrer unterschiedlichen Mineralisation bekannten Quellspalten mußten nach ihrer Freilegung lokalisiert und durch Trennwände wieder unterteilt werden. Zudem waren die Tiefbrunnen von den Flachfassungen zu trennen.

Die Flachfassungen wurden mit einer Stahlbetonumfassung und innenliegenden Trennwänden aus Stahlbeton errichtet. Zum Schutz des Betons vor dem aggressiven Mineralwasser wurde die der Fassungen zugewandte Betoninnenseite mit einer chemikalienbeständigen Kunststofffolie ausgekleidet. Über die Quellspalten wurden Filterrohre gelegt, die mit Filterkies überschüttet wurden. Jede Fassung wurde mit einem Betondeckel verschlossen, durch den lediglich die Brunnenrohre nach oben geführt wurden. Die Außenseite des Betonbauwerks wurde mit Platten aus quellfähigem Ton (Bentonit) gegen das umliegende Erdreich gesichert.

Quellfassungen: Abbruch


Abbruch der mit Teer abgedichteten Flachfassungen der Nymphen- (alt) und Hartmuthquelle.

Mit diesen groben Beschreibungen wird deutlich, daß sich die aktuell gewählte Bauweise nur in der Wahl der Baustoffe von den Arbeiten im Jahre 1925 unterscheidet. Bei den Innenausbauten kamen allerdings moderne Materialien wie V4A-Stahl für die Steigrohre und Mineralwasser beständige Kunststoffrohre zum Einsatz. Über den Quellfassungen wurden Schächte eingebaut, die bündig mit der Geländeoberfläche abschließen und mit eher funktionalen Schachtdeckeln verschlossen sind.

Bei den Arbeiten an der Wilhelmsquelle stellte sich heraus, daß Teile der Tiefbohrung ebenfalls durch Asphalt verunreinigt waren, weshalb der gesamte   Brunnen  aus Vorsorgegründen überbohrt und bis auf 25,5 m vertieft wurde. Eine Kamerainspektion des offenen Bohrloches ergab, daß alle Rückstände beseitigt wurden, eine bereits früher erhoffte breite Kluft mit entsprechend größerer Schüttung wurde allerdings nicht angeschnitten, was mit Pumpversuchen bestätigt wurde.
Schachtabdeckungen - heute!

Quellenpark mit Schachtabdeckungen der sanierten Nymphen- (alt) und Hartmuthquelle.

Die Nachuntersuchungen ergaben, daß die Sanierungsziele erreicht wurden und die Quellen wieder in ihrer ursprünglichen Reinheit Mineralwasser fördern. Die Arbeiten zur Neugestaltung der historischen Parkanlage und naturnahen Öffnung von Badbach und Hollerbornbach wurden 2006 abgeschlossen, auch das Kneippbecken wird wieder mit Mineralwasser der Fürstenbergquelle gespeist und steht zur allgemeinen Anwendung zur Verfügung. Es bleibt zu hoffen, daß die Quellen in naher Zukunft auch optisch wieder eine ansprechende Form erhalten und „Bad Kronthal" aus dem Dornröschenschlaf wieder aufgeweckt sowie seiner Bedeutung entsprechend in der Region bekannt gemacht wird.

Diesen Beitrag haben wir mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Wirtschaftsarchivs dem Buch Gewerbe im Kronthal, Mineralwasser und Ziegel aus dem Taunus, Hrsg. Konrad Schneider, entnommen.
Gewerbe im Kronthal - das Buch!