Gründergräber bleiben verloren
Die spannende Geschichte des Friedrichsdorfer Friedhofs

Die Geschichte des ersten Friedrichsdorfer Friedhofs bleibt im Dunklen, denn die ersten Siedler der Colonie Francaise ließen sich an unbekanntem Ort bestatten. Stadthistorikerin Erika Dittrich berichtete aber auch über Gräber berühmter Friedrichsdorfer, die sich an bekannter Stätte begraben ließen.

FRIEDRICHSDORF - Evangelisch-reformiertes Gedankengut prägte die Beerdigungskultur der Friedrichsdorfer Hugenotten bis ins 19. Jahrhundert. Nach dem Vorbild des Reformators Calvin, der verlangt hatte, noch in der Nacht seines Todes in Genf an einem unbekannten Ort begraben zu werden, wurden in Friedrichsdorf die ersten Siedler der Colonie Francaise ebenfalls an unbestimmter Stelle bestattet.

Stadthistorikerin Erika Dittrich berichtete am Montag vor 50 Zuhörern des Geschichtskreises im Rathaus, dass bis heute der Ort des ersten Friedhofs in Friedrichsdorf nicht bekannt ist. Der zweite wurde dann direkt hinter der reformierten Kirche in der Hugenottenstraße angelegt. Im 19. Jahrhundert verlegte man ihn an seinen heutigen Standort an der Taunusstraße. Diese Straße hieß früher Totengasse und ist die älteste Seitenstraße des Straßendorfes Friedrichsdorf.

Auch Friedrichsdorfs berühmtester Bürger Philipp Reis wollte in aller Stille beerdigt werden, kein Stein sollte sein Grab schmücken. Seine Angehörigen wüssten es zu finden, und für andere hätte es keinen Belang, soll er gesagt haben. Dass sich heute am Eingang des Friedhofes dennoch ein großes, aus Buntsandstein gefertigtes Grabdenkmal erhebt, ist der Physikalischen Gesellschaft zu verdanken, die Philipp Reis mit Einwilligung seiner Witwe vier Jahre nach seinem Tod posthum ehrte.

Auffallend ist auch das Grabmal der Familie Garnier. „Allegorie der Hoffnung" heißt der Grabengel. Die Hoffnung symbolisiert der Anker, den der Engel in der Hand hält.

Nur wenige Schritte weiter befindet sich die Grabstätte der Familie Hensel, das die wohlhabende Tochter Marie Blanc ihren Eltern stiftete. Marie hatte 1854 Francois Blanc, den Gründer der Homburger Spielbank, geheiratet. Marie Blanc selbst wurde auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise in einem prächtigen Mausoleum bestattet.

Keine Grabsteine

Der Wunsch nach Grabsteinen wurde im hugenottischen Friedrichsdorf bis ins späte 18. Jahrhundert bekämpft. So löste ein Pfarrer einen Proteststurm aus, weil er - wie Erika Dittrich vermutet - wohl vor allem für sich selbst einen Grabstein wollte und deshalb das Verbot aufzuweichen versuchte. Die ersten Grabsteine ließen bis ins 19. Jahrhundert auf sich warten.

Auch der hugenottische Brauch, die Toten nachts ohne Pfarrer und Verwandte, ohne Gesang, Kreuz oder Grabstein zu bestatten, wurde nur langsam aufgeweicht. Später gingen die Frauen dazu über, von Haus zu Haus zu gehen und Nachbarn und Freunde zur Trauerfeier mit einem süßen Weck einzuladen. Vielerorts ist noch heute der Streuselkuchen üblich.    CORNELIA FARBERFriedrichsdorf394

 

 

 

 

 

 

„Tombeau de la Familie A. Garnier" steht auf dem Grabmal der berühmten Friedrichsdorfer Familie. Der Grabengel ist eine den auffälligsten Figuren auf dem Friedrichsdorfer Friedhof.

 

Frankfurter Rundschau – 23.11.05