Homburg im Sumpf

Lag Homburgs Keim im Sumpf?

Historiker findet neue Belege für spätere Entstehung des Orts

Die Zweifel daran, daß ein Dorf namens Dietigheim auf dem Gelände der heutigen Altstadt die Keimzelle Bad Homburgs war, haben neue Nahrung erhalten - und damit auch die Zweifel daran, daß Bad Homburg gut 1200 Jahre alt ist, wie anno 1982 offiziell gefeiert.

BAD HOMBURG. Drei neue Indizien bestärken den 58 Jahre alten Geschichtslehrer Rüdiger Kurth in seiner Auffassung, daß die ersturkundliche Erwähnung des Dorfs Dietigheim anno 782 im Lorscher Codex .icht der Bad Homburger Altstadt galt, die weitaus jünger sei, sondern einem Dorf bei Eschhorn.

 Ein Architekt, berichtet Kurth, sei nach dem Abriß eines Altbaus bei den Ausschachtungen für seinen privaten Neubau an der Stadtmauer auf „einen total schlammigen Untergrund" gestoßen. Offensichtlich sei genau dort früher der Mußbach verlaufen, ehe er erst um das 15. Jahrhundert reguliert und in Richtung Hindenburgring verschoben worden sei. Spuren einer älteren Siedlung am Bachufer habe er nicht entdeckt; die habe im Sumpf vor der Bachregulierung vermutlich auch nicht existieren können.

Ein Bewohner der Burgstraße wisse, daß das Haus des Hutsalons Rosemann auf einem Kanal stehe, so Kurth weiter; auch hier sei also erst nach der Entwässerung des Tals, in dem die heutige Altstadt liegt, gebaut worden.

Dafür, daß die im 14. Jahrhundert errichtete erste Stadtmauer um die Herrngasse zwischen Schloss und altem Rathaus, dem „wirklichen Kern" Bad Homburg, älter sei als die „Altstadt", spricht nach Ansicht des Lehrers und Archäologen auch die Lage der Türme an der Landgraf-Ludwig-Schule: „Sie wurden sicherlich errichtet, als das Schußfeld davor noch frei und nicht verbaut war. Wozu hätten solche aufwendigen Verteidigungsanlagen mitten zwischen der Bevölkerung gut sein sollen, wenn davon eher die eigenen Leute als der Feind bedroht wurden?"

Kurth erneuert aus diesem Anlaß seinen Vorschlag, das Seminar für Vor- und Frühgeschichte der Universität Frankfurt mit Ausgrabungen in der Altstadt zu beauftragen: „Dann wird man genau erfahren, ob das Gebiet der Altstadt im 8. Jahrhundert besiedelt war." Die Wissenschaftler könnten Pollen, Samen oder Reste von Bäumen finden, die belegen würden, daß seinerzeit auf dem Gebiet der heutigen Altstadt ein Wald stand, aber kein Dorf.

Laut Kurth ist das Universitätsinstitut an Ausgrabungen in Bad Homburg sehr interessiert, erwartet aber eine finanzielle Beteiligung der Stadt von 50.000 Mark. Das Kulturamt hat laut Auskunft aus dem Rathaus mit dem Uni-Institut Kontakt aufgenommen, aber noch kein Ergebnis erzielt, das den städtischen Gremien zur Entscheidung vorgelegt werden kann.

Kurth hatte im August 2000 erstmals seine Zweifel an der aktuellen Geschichtsschreibung der Stadt angemeldet, die auch frühere Historiker bereits angedeutet hatten. Che

Frankfurter Rundschau – 315.01 - mit freundlicher Erlaubnis der FR