Anerkennung bringt Rechte und Pflichten
Der Status Weltkulturerbe wird von Experten aus 21 Ländern verliehen

Rechte und Pflichten: Die Anerkennung als Weltkulturerbe vergrößert nicht nur die Touristenströme. Sie bringt auch Pflichten mit sich. So wurde der Kölner Dom, der 1996 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurde, im Juli 2004 in die „Rote Liste" des Welterbes in Gefahr aufgenommen. Grund ist die „Gefährdung der visuellen Integrität des Doms und der einzigartigen Kölner Stadtsilhouette" durch Hochhäuser, die an der dem Dom gegenüberliegenden Rheinseite geplant sind. Es wäre das erste Mal, dass die Unesco den Welterbe-Status wieder zurückzieht. Anderen Stätten stand die Aufnahme in die „Rote Liste" auch schon kurz bevor, etwa den Schlössern und Parks von Potsdam-Sanssouci. Ein Einkaufszentrum sollte den freien Blick auf das Ensemble beeinträchtigen.

Unesco: Die 1945 gegründete Unesco (United Nations Education, Science and Culture Organisation) hat sich den Schutz von Kulturgütern zur Aufgabe gestellt. 1954 verabschiedete sie die „Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten", 1972 das „Internationale Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt", das 178 Staaten unterzeichnet haben. Ein zwischenstaatliches Komitee mit Experten aus 21 Ländern prüft jährlich, welche der von den Nationalkommissionen der einzelnen Länder vorgeschlagenen Stätten die Kriterien erfüllen, um in die Welterbe-Liste aufgenommen zu werden.

Konsequenzen: Direkte Zahlungen sind mit der Aufnahme in die Liste nicht verbunden. Die touristische Nutzung soll mögliche finanzielle Mängel ausgleichen, was auch Gefahren mit sich bringt.

Weitere Unesco-Programme: 1992 wird ein Programm zum Erhalt des dokumentarischen Erbes der Menschheit ins Leben gerufen. „Memory of the World" (das Gedächtnis der Menschheit) soll dazu beitragen, dokumentarische Zeugnisse wie Bücher, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmdokumente aus Archiven, Bibliotheken, Museen und anderen Kultureinrichtungen zu sichern und allgemein zugänglich zu machen. In Hessen wurden Mitte Juni 2005 die Märchen-Handschriften der Brüder Grimm im Museum Kassel zum Weltdokumentenerbe ernannt. 2001 wird eine „Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser" verabschiedet. Jüngste Aktivitäten zielen auf das durch die Globalisierung besonders gefährdete immaterielle Kulturerbe: mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste, Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur sowie traditionelle Handwerkstechniken. Die Staaten verpflichten sich, ihren Schutz zu gewährleisten. In Kraft konnte die Konvention noch nicht treten. Von den für die Ratifizierung notwendigen 30 Mitgliedstaaten haben bisher erst acht unterschrieben. jurGrube Messel:
Urpferdchen und 40.000 Einzelfunde. 
Die Grube Messel im Kreis Darmstadt-Dieburg
 wurde im Jahr 1995 zum Unesco-Welterbe ernannt.
Es handelt sich um eine der reichsten Säugetier-
Fossillagerstätten der Welt. Geowissenschaftler bargen
 bisher aus dem vor 47 Millionen Jahren 
entstandenen Maarvulkansee rund 40.000 Einzelfunde.

 

DER LIMES

Funktion: Schutz vor Germanen, Kontrolle des Handels und der Passage
Material: durch Holztürme gesicherter Postenweg (ab Ende des 1. Jahrhunderts), ab ca. 120 n. Chr. Patrouillenweg mit hölzernen Palisaden, Steintürme (ab 145 n. Chr.), Wall und Graben (Ende 2. Jahrhunderts bis 260 n.Chr.)
Länge: im Deutschland 550 Kilometer (durch Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz), davon 153 km in Hessen (Heidenrod bis Mainhausen)
Bestandteil: Grenzanlage, Türme, Kastelle mit dazugehörigen Dörfern
Nachrömische Zeit: zum Teil Grenze, etwa zwischen Landgrafschaft Homburg und Herzogtum Nassau, noch jetzt Gemarkungsgrenze zwischen Bad Homburg und Wehrheim
Gegenstand der Forschung: ab Ende des 19. Jahrhunderts, Reichslimeskommission beginnt mit Untersuchung von Streckenabschnitten; daraus entsteht das Standardwerk „Der Obergermanisch-Raetische Limes"
Touristische Förderung: ab 1995 durch Verein Deutsche Limesstraße, 1996 Eröffnung des ersten Abschnitts der Autoroute, 2000 bis 2002 Eröffnung des Radwanderwegs Bad Hönningen – Miltenberg - Regensburg
Deutsche Limeskommission: im Juni 2003 gegründet, Ansprechpartnerin für Aktivitäten, Schutz, Erforschung und touristische Präsentation des Limes; Geschäftsstelle im Römerkastell Saalburg
Antrag als Unesco-Weltkulturerbe: im Februar 2004, Entscheidung fällt zwischen 10. und 17. Juli in Durban/Südafrika.
jur

Frankfurter Rundschau - 8.7.05