Wertvolle Funde aus der Steinzeit
Archäologen entdecken auf künftigem Klinikgelände in Bad Homburg alte Siedlung

Von Detlef Sundermann

Sie haben Römisches erwartet, gestoßen sind sie auf Langhäuser aus der mittleren Steinzeit. Für die Archäologen auf dem Gelände der neuen Hochtaunus-Klinik an der Zeppelinstraße haben die Grabungen eine Sensation zutage gebracht. „Es handelt sich um einen für Hessen bisher einzigartigen Fundplatz aus der Rössener Kultur", sagte Landesarchäologe Egon Schallmayer gestern.

Rund drei Hektar hat das 17-köpfige Grabungsteam seit März erkundet. Zuvor sei das insgesamt acht Hektar große Gelände aus der Luft mit geomagnetischen Messungen sondiert worden, erläuterte Grabungsleiterin Jessica Meyer. Die Auswertung habe gezeigt: „Hier ist es rappelvoll von Archäologie."

Als Nächstes wurde mit Baggern auf rund 30 Zentimeter Tiefe der Ackerboden abgezogen. Die Fundstellen sind für den Laien unscheinbar. Es sind die grau-braunen Stellen im ockerfarbenen Boden, die die Herzen der Archäologen höher schlagen lassen. Die Verfärbungen markieren die Pfähle, die zu Wänden aufgereiht in den Boden gerammt wurden. Das erdige Grau deutet aber auch auf Vorratsgruben hin, die irgendwann mit Hausrat verfüllt wurden.

Außer einer Pfeilspitze und ein paar Steinwerkzeugen wie einen kleinen Mahlstein wurde kaum Konkretes gefunden. Mehr Erkenntnisse erwartet man von der Untersuchung der Bodenproben, die in bestimmten Abständen innerhalb eines Hausumrisses und aus den Vorratsgruben entnommen wurden. Das Material wird an verschiedenen Forschungseinrichtungen aufbereitet und analysiert. Gefundene Getreidereste lassen Rückschlüsse auf die Ernährung zu, erläuterte Bezirksarchäologe Udo Recker. Phosphorkonzentrationen könnten die Frage beantworten, ob in den Häusern auch Tiere gehalten wurden und wo sich die Feuerstelle befand.

Wertvolle Funde

Die Funde an der Zeppelinstraße lassen die Herzen der Archäologen höher schlagen.
Bild: MICHAEL SCHICK

Das Alter des Dorfes soll von der Universität Oxford ermittelt werden

Anhand der organischen Stoffe soll an der Universität Oxford per Kohlenstoffanalyse möglichst das genaue Alter des Siedlungsplatzes datiert werden. Bisherige Schätzungen, die auf Mustern in Keramikscherben basieren, nennen einen Zeitraum von 4750 bis 4500 Jahren vor unserer Zeitrechnung.

Laut Meyer ist auf dem künftigen Bauland mehr gefunden worden, als man zunächst angenommen hatte. Wegen der landwirtschaftlichen Nutzung und der natürlichen Bodenerosion sei man von nur wenigen Zentimetern tiefen Fundstellen ausgegangen. Die andere Überraschung war, daß gleich am Anfang ein vollständiger Hausumriß, in der typischen schiffrumpfähnlichen Form, entdeckt wurde. Möglicherweise liegen in Richtung Kronenhof weitere Siedlungsreste unter dem Acker.

Die obligatorische Bodenuntersuchung kostet den Kreis rund 1,5 Millionen Euro. Landesarchäologe Egon Schallmayer sprach ob der Fundbedeutung von einem „guten Preis-Leistungs-Verhältnis". Landrat Ulrich Krebs (CDU) stimmte ohne Lächeln zu. Die ursprüngliche Kostenschätzung lag jedoch bei drei Millionen Euro.

Frankfurter Rundschau - 15.9.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR.