Das neue Bild der Frankfurter Altstadt ist entworfen
Römer-Koalition will vier Häuser aus Renaissance, Gotik und Barockzeit nachbauen lassen / Ursprüngliche Vorgaben für ein Hotel verworfen

Das neue Gesicht der Altstadt zeichnet sich ab. Wenn das Technische Rathaus abgetragen ist, entstehen wieder Gässchen und Plätze. Vier der verlorenen Altbauten sollen nachgebaut werden. Darauf hat sich die schwarz-grüne Römer-Koalition verständigt.

von Claudia Michels

Frankfurt  - „Frankfurt erhält seinen historischen Kern zurück!" titeln CDU und Grüne ihren gemeinsamen Antrag an das Stadtparlament. Das Parlament werde nach der zweiten Sitzung der Planungswerkstatt, die noch in diesem Jahr einberufen werde, endgültig abstimmen. Hierfür liefere der Antrag „die Eckpunkte": Von den 50 zwischen Braubachstraße und Kunsthalle Schirn nach dem Krieg abgeräumten Altstadthäusern werden vier wieder sichtbar gemacht. Zuerst ist dabei das Haus Zur Goldenen Waage zu nennen, ein Prunkstück der Renaissance, von dem das übrig gebliebene Erdgeschoss in einem Götzenhainer Privathaus verbaut ist.

Aus der Gotik wird nach den Wünschen der Römer-Mehrheit das originelle Rote Haus wieder erstehen. Das „Haus zum Esslinger" wo Goethes Tante Melber lebte, und das Haus „Zum Lämmchen" sollen als Zeugnisse der Barockzeit aufgebaut werden.

Traditionelle Materialien

Diese vier Gebäude hat der Städtebauprofessor D.W. Dreysse in seinem Gutachten für das Planungsamt unter den 50 Liegenschaften zwischen Braubachstraße und Kunsthalle Schirn als Häuser von besonderem Wert hervor gehoben. Freilich seien sie wegen der „schlechten Dokumentenlage" laut Gutachten „nur annähernd" nachzubilden.

Die Römer-Koalition spricht den vier Altbauten in ihrem Neubaukonzept auf vier „Baufeldern" die Funktion von Leitbauten zu: „Die angrenzenden Häuser werden in einer an der historischen Substanz orientierten qualitätsvollen Bauweise gestaltet", heißt es im Antrag. Was im alten Stil rekonstruiert wird, wird mit Bauten heutiger Architektur in traditionellen Materialien und Bauformen umgeben - eine Forderung, die der Architekt Christoph Mäckler mehrfach erhoben hat. Wie gestaltet werden soll, legt eine Gestaltungssatzung fest.

Oberbürgermeisterin Petra Roth hatte am Mittwochabend beim CDU-Parteitag einer „spannungsgeladenen Mischung aus Tradition und Moderne" das Wort geredet, die von den vier Ensembles ausgehen solle. Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Markus Frank wäre es denkbar, „dass die Stadt diese herausragenden Gebäude als Eigentümerin in Erbpacht vergibt und durch bevorzugt aus der Region stammende Unternehmen und Handwerker errichten lässt".

Zu den Neubauten wie Haus am Dom, Kunsthalle Schirn oder Kunstverein stellt sich die Körner-Mehrheit künftig „sensible Übergänge" vor. Denn sowohl der Maßstab des gerade fertig gestellten „Haus am Dom" (früheres Hauptzollamt) als auch des Anbaus, den der Kunstverein bekommen hat, nehmen keine Rücksicht auf den Verlauf früherer Altstadt-Gassen. Ferner stehen Aufbauten und Rampen der Tiefgarage Römer dem Wunsch im Weg, „die Altstadt mit ihrer kleinteiligen Struktur, ihren Wegebeziehungen, ihren Plätzen zurück zu gewinnen".

Einfluss auf Archäologischen Garten

Darum muss vor einer Rekonstruktion des reich ausgestatteten Bürgerhauses „Zur Goldenen Waage", das unterhalb des Doms am Rand des heutigen Archäologischen Gartens gestanden hat, „die Frage der Verlegung des U-Bahn-Zugang geprüft werden", meinen die Parteien. Ob der Archäologische Garten überbaut werden kann, der seit dem U-Bahnbau anhand von Mauerresten die Gründungsgeschichte der Stadt kenntlich macht, ist laut Beschluss die nächste offene Frage.

Jedenfalls soll das Anschauungsobjekt auch weiterhin „öffentlich zugänglich bleiben". Was die Nutzung eines neuen Altstadt-Ensembles angeht, so sei mit der Verabredung der schwarz-grünen Koalition die Planung eines relativ großen Hotelriegels neben dem Haus am Dom aufgegeben worden.

Ein mächtiger Hotelneubau war noch im städtebaulichen Wettbewerb für das Areal Technisches Rathaus (Braubachstraße 15), den vor einem Jahr das Büro KSP Engel und Zimmermann gewonnen hatte, eine Vorgabe der Stadt gewesen.

Nicht erst die Planungswerkstatt zur Bürgerbeteiligung Anfang Oktober hatte aber ein klares Votum für eine kleinteilige Bebauung in der Altstadt ergeben. Vom Entwurf der Architekten KSP greifen die Römer-Parteien die „Messehöfe" an der Braubachstraße auf, in denen sich kleinere Beherbergungsbetriebe ansiedeln sollen.

Im übrigen sollen die neuen Altstadthäuser dereinst zum Wohnen, aber auch durch Läden oder Kleinbetriebe genutzt werden.

Frankfurter Rundschau – 11.11.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

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