Am Warmen Damm gedenkt ein Labyrinth rund 500 Frauen
Wanderausstellung ist eröffnet / Bis Ende Mai sollen 30 neue Erinnerungssteine hinzukommen / Spender gesucht
Zur Eröffnung des Frauen-Gedenklabyrinths im Park am Staatstheater kamen am Samstag etwa 60 Besucher, meist Frauen.
Von Meike Kolodziejczyk

Wiesbaden - Jeanne d'Arc, Sophie Scholl, Frida Kahlo und Marie Curie - große Namen, eingraviert in flache graue Quarzquader, zieren den Rasen vor dem Wiesbadener Staatstheater. Ein Labyrinth aus 1000 Tafeln mit stilisierter Frauenfigur im Entrée. 486 der Gedenksteine sind bereits beschriftet zu Ehren bedeutender Frauen. Rosa Luxemburg, Julie Holiday und Astrid Lindgren gehören dazu, ebenso wie Maria Magdalena, Aschenputtel und die Musen-Mutter Mnemosyne. „Das Projekt gilt Frauen, die für Frauen etwas in der Gesellschaft bewirkt haben", erklärt die Frankfurter Initiatorin Dagmar von Garnier. Nach ihrer Idee konzipierte die Züricher Künstlerin Agnes Barmettler das .Frauen-Gedenk-Labyrinth", das erstmals 2000 auf dem Frankfurter Opernplatz ausgelegt wurde. Seitdem hat die Wanderausstellung in einigen Städten Station gemacht, immer mehr Gedenksteine erhielten eine Gravur. Zehn Jahre könnte es noch dauern, bis alle 1000 Tafeln besetzt seien, schätzt von Garnier. 30 neue Namen kommen bis Ende Mai auf dem Warmen Damm hinzu, darunter die der Wiesbadenerinnen Anna von Doemming (1843-1922) und Wilhelmine Magdeburg (1807-1878). Zudem hat seit Samstag auch Sirona, die Göttin des heilsamen Wassers, ihren Platz im Labyrinth.

„Sirona wurde in keltischer Zeit besonders im Raum Wiesbaden verehrt", sagt Sigrid Schellhaas, die mit Dora Mayer vom Frauen-Gesundheitszentrum „Sirona" die Patenschaft für die Namenspatronin übernommen hat. Weitaus weltlicher sind dagegen die Verdienste der Wilhelmine Magdeburg, die 1832 eine Mädchenschule in Wiesbaden gründete. 30 Jahre leitete sie das Institut - lange bevor es staatliche Schulen gab. Als Patin für ihren Gedenkstein fand sich die Wiesbadener Rektorin Marietta Wollny. Auf den Quarzittafeln sind neben den historischen Frauen auch die jeweiligen Patinnen verewigt. Hinter den namentlich Genannten stehen oft weitere Personen. Beatrice Klein etwa repräsentiert stellvertretend für das Frauenmuseum die Zahnärztin Anna von Doemming. „Sie erfüllte sich ihren Berufswunsch, als Frauen in Deutschland noch nicht studieren durften", sagt Klein. Doemming eröffnete als erste Zahnärztin eine eigene Praxis in Wiesbaden und trat für Frauenrechte und -bildung ein.

Muscheln und Blumen schmücken einige der Monumente, die ebenso an Feministinnen erinnern, wie an Opfer der Hexenverbrennung oder des Holocausts. Viele Namen sind unbekannt. „Wenn Männer etwas leisten, wird immer ein Riesen-Tamtam gemacht", findet Besucherin Angelika Picard. „Dagegen werden viele großartige Frauen nie oder nur beiläufig erwähnt."
Frauen-Gedenk-Labyrinth Wiesbaden

Die Initiatorin des Frauen-Gedenk-Labyrinths, Dagmar von Garnier (Mitte), erläuterte zur Eröffnung der Ausstellung am Warmen Damm das Projekt.

Daher möchte auch Wilma Estelmann das weibliche Erbe „aus dieser Frauennische rücken". Mit Annerose Bechtel und dem Zonta Club setzte sie sich für das Labyrinth ein. Doch jenseits von Fraueninitiativen besticht Wiesbaden eher durch Passivität. „Daß das Projekt hier ermöglicht wurde, verdanken wir auswärtigen Sponsoren", sagt von Garnier und hofft, „daß auch Menschen aus Wiesbaden spenden."

 

VERANSTALTUNGEN
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Fest-Kongreß zur Geschichte bedeutender Frauen: Samstag und Sonntag, 6./7. Mai, Kurhaus.

- Feierliche Labyrinth-Begehung mit den Gedenkstein-Patinnen: Samstag, 6. Mai, 15 Uhr. Falls es regnet, findet der Gang am Sonntag, 7. Mai, zur gleichen Zeit statt.

- Kunst- und Literaturcafe: Sonntag, 7. Mai, 12-18 Uhr, Kurhaus, mit Ausstellungen, 22 Euro inklusive Kaffee und Kuchen.

- Erster Frauen-Ball: Sonntag, 7. Mai, 20 Uhr, Kurhaus. Karten zu 28 Euro gibt es bei der Touristen-Information Wiesbaden.

- Jüdische Frauen in Wiesbaden: Stadtrundgang, Freitag, 5. Mai, 15 bis 18 Uhr, Treffpunkt: Rathaus-Pforte am Schloßplatz, 7,50 Euro. MYK

 www.frauen-gedenk-labyrinth.de

Frankfurter Rundschau - 2.5.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR