Wehrmauer unter Abfall entdeckt
Den Fund in der mittelalterlichen Sonnenberger Burg stufen Experten als bedeutend ein

Von Waltraut Rohloff

Bauarbeiter, Architekt und schließlich auch die Denkmalschützer rieben sich überrascht die Augen: Unter teils schon verrottetem Abfall, zerbrochenem Geschirr, Weinflaschen und Blechtöpfen lag die mittelalterliche Mauer der Sonnenberger Burg. Die etwa zwei Meter hohe Müllkippe des Burgrestaurants war im Lauf des 20. Jahrhunderts über Jahrzehnte hinweg entstanden. Sie wurde jetzt im Zuge der Sanierung der Ringmauer entlang der Straße am Schloßberg abgetragen.

„Die Baugeschichte der Burg muß neu geschrieben werden", sagen Architekt Claus Giel und Bauhistoriker Hans-Hermann Reck. Die bisherige Forschung war geprägt von einer einzigen Arbeit zu der Burgruine, einem Aufsatz von R. Bonte aus dem Jahr 1901.

Reck ging zwar ohnehin davon aus, daß die Aussagen Bontes zur Baugeschichte eher Vermutungen waren. Die jetzigen Untersuchungen hätten indes eindeutig bewiesen, daß Bonte in einigen Punkten „falsch" lag.

Alle bisherigen Publikationen nahmen an, daß die Bruchsteinmauer östlich des Bergfrieds dem Verlauf der mittelalterlichen Ringmauer folgt. Die nun entdeckte mittelalterliche Wehrmauer verläuft jedoch schräg dahinter und dann weiter quer durch die Palasruine. Dies erklärt jetzt auch die „eigenartige Schrägstellung des östlichen Palasteils", erläuterte Hans-Hermann Reck bei einem Ortstermin. Der Bauhistoriker vermutet deshalb, daß dieser Teil des Palas vielleicht erst im 16. Jahrhundert rechtwinkelig vor die Burgmauer gesetzt wurde. „In jedem Fall aber zu einer Zeit, in der der Wehrcharakter der Burg nicht mehr im Vordergrund stand", ist Reck überzeugt.

Für Kultur- und Hochbaudezernentin Rita Thies (Die Grünen) steht nach dem Fund nun fest: Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gesetzte Bruchsteinmauer sei zwar auch Geschichte, sie solle aber weg, um den Blick auf die Wehrmauer freizugeben.

Wehrmauer Sonnenberg

Wiedergefunden: die Wehrmauer der Burg Sonnenberg.

600.000 Euro für Sanierung

Auch bei der Untersuchung der Ringmauer oberhalb des Restaurants und des Bergfrieds sind die mit der Sanierung befaßten Experten auf neue Erkenntnisse gestoßen. Beispielsweise die, daß zumindest die Ummauerung der Burg ursprünglich verputzt war. Die Fugen zwischen den Bruchsteinen der Ostseite des Bergfrieds waren hingegen großflächig mit Mörtel überdeckt, die Steine aber sichtbar. Was es mit dem Unterschied auf sich hat, ist laut Reck noch nicht geklärt. Die aufwendigen Untersuchungen und überraschenden Funde haben dazu geführt, daß das Gerüst am Bergfried länger stehen bleiben wird als geplant. Das Restaurierungskonzept des Bergfrieds sieht vor, daß der Turm nur teilverputzt wird. 600.000 Euro hat die Stadt für die Sanierung bislang eingeplant; das Landesamt für Denkmalpflege hat wegen der überraschenden Entdeckungen einen Zuschuß über weitere 100.000 Euro in Aussicht gestellt.

Frankfurter Rundschau – 15.12.07 - mit freundlicher Erlaubnis der FR