Archäologen finden Steinzeitfrau
Hattersheim: Skelettgrab im Neubaugebiet ist 4500 Jahre alt / Grabungen laufen weiter

Von Andrea Rost

Die Sensation ist bereits vor gut zwei Wochen passiert. An einem Donnerstagnachmittag entdeckten Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege im Neubaugebiet südlich der Weingartenstraße ein Skelettgrab aus der Steinzeit. Die Frau, die darin in Hockerstellung bestattet war, lebte vor 4500 Jahren. 20 bis 30 Jahre alt sei sie zum Zeitpunkt ihres Todes gewesen, schätzt Claus Bergmann vom Landesamt für Denkmalpflege. Die sterblichen Überreste der „ältesten Hattersheimerin" und ein Steinwerkzeug als Grabbeigabe wurden rasch geborgen, im Labor sollen sie weiter untersucht werden.

Archäologen in Hattersheim

Der Archäologe Matthias Gutmann (r.) und Joachim Winter vom Hattersheimer Geschichtsverein legen ein Gefäß frei

„Der Fund hat uns überrascht", gibt Bergmann offen zu. „Er ist aber ein Beweis dafür, daß bereits in der Steinzeit Menschen in Hattersheim gesiedelt haben." Daß sich weitere Steinzeitgräber in der Gemarkung finden lassen, schließt der Fachmann nicht aus. Die Archäologen werden deshalb noch bis Mitte des Jahres im Neubaugebiet weiter arbeiten, so wie sie das schon in den vergangenen neun Jahren in regelmäßigen Abständen getan haben.

Zu Tage gefördert wurden dabei bisher allerdings stets Grabfunde aus keltischer Zeit: Das hessenweit einzige Doppelgrab zweier Frauen, mehr als 40 keltische Skelettgräber mit Grabbeigaben wie Ringen, Gewandnadeln und Gürtelschnallen, und ein kreisförmiger Graben mit einem Durchmesser von 16 Metern. Am vergangenen Donnerstag nahmen die Archäologen eine bisher noch nicht untersuchte Fläche hinter dem Altenzentrum unter die Lupe. Dort, wo ein breiter Grünstreifen mit Kinderspielplatz angelegt werden soll, entdeckten sie im feuchten Lehmboden ein weiteres Skelettgrab aus der Keltenzeit, das vermutlich schon in der Antike geplündert wurde, sowie zwei Leichenbrandschüttungsgräber aus der Zeit um 250 vor Christus mit zerdrückten Urnengefäßen.

Größtes Gräberfeld in Hessen

„Das keltische Gräberfeld, das wir hier vor uns haben, ist das größte in Hessen und eines der größten in Süddeutschland", sagt Claus Bergmann. „Mit jedem Grab, das wir öffnen, wird's ein bißchen spannender."

Denn erstmals lasse sich an der Art der Bestattung und den Grabbeigaben ein Unterschied zwischen Reich und Arm ablesen. Mittels DNA-Analyse und Knochenuntersuchungen wollen die Forscher nun noch mehr über die Lebensbedingungen der in Hattersheim bestatteten Menschen herausfinden, eruieren, ob sie zu einer Familien gehörten, wovon sie sich ernährten, welche Krankheiten sie hatten.

Auf eine große Entdeckung waren die Archäologen noch mit Spannung: Das Keltendorf, die Siedlung zu den Gräbern, sei noch nicht gefunden, sagt Claus Bergmann. Aber: „Weit kann's nicht sein."

Frankfurter Rundschau – 5.4.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR