Wege durch die Jahrhunderte
Hofheim: Diedenberger Heimatgeschichtsverein wirbt für seine Arbeit

Von Claudia Horkheimer

Die braune Ledertasche hatte jemand zum Sperrmüll gestellt. Ein aufmerksamer Nachbar beobachtete es und merkte gleich, daß es sich hierbei um ein historisches Stück handeln mußte: Es war die alte Briefträgertasche des Diedenberger Postzustellers Heinrich Kluß, der sie vermutlich von 1930 bis 1950 in Gebrauch hatte. Jetzt hat sie der Diedenberger Heimatgeschichtsverein (DHGV) unter seine Fittiche genommen. Ironie des Schicksals, daß Kluß zu den Gründungsmitgliedern Wege durch die Jahrhunderte der „Diedenberger ortsgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft" gehörte, die sich 1971 als Vorläufer des DHGV zusammentat. Die Tasche ist nur eines von vielen Exponaten, die der Verein noch archivieren und katalogisieren muß. „Es ist richtige Forschungsarbeit, um daraus belastbare Zeitdokumente zu erstellen", sagt zweiter Vorsitzender Klaus Ernst. In den vergangenen 39 Jahren waren die Hobby-Historiker fleißig. Schon 3.000 Seiten umfassen die „Heimatgeschichtlichen Manuskripte", die Vereins-Chef Helmut Schmidt als das „Langzeitgedächtnis Diedenbergens" bezeichnet. Man kann die Chronik im Internet abrufen.

Jetzt, ein Jahr vor dem Vereinsjubiläum, soll eine Broschüre über die Arbeit des Heimatvereins informieren. Das Faltblatt wird in diesen Tagen in 1800 Diedenberger Briefkästen landen.

Der Verein engagiert sich für weit mehr als nur für verstaubte Sperrmüllgegenstände. Er konnte zahlreiche Erfolge verbuchen, etwa den Erhalt des „Roten Hohlchens" eines ehemaligen wichtigen Römerwegs, der 1970 zugeschüttet wurde, oder die Instandsetzung des Brunnens vor dem Alten Rathaus. Auch hat er erreicht, daß das älteste christliche Fundstück aus Diedenbergen, ein Sarkophag aus dem 13. Jahrhundert, vom Museum in Wiesbaden zurück in den Ort kommt und auf dem Friedhof plaziert wird.

Aktuell kämpft der Verein um die historisch korrekte Gestaltung des Verkehrskreisels in der Casteller Straße. Dort wurde auf seine Initiative hin ein Stück der römischen „Alten Straße" von Hofheim nach Mainz nachgebildet. Meilensteine weisen zudem die Richtung mit Kilometerangaben. Doch die Steine sollen jetzt umgedreht werden, damit Autofahrer sie bequemer lesen können.

Schildbürgerstreich am Kreisel

Für den DHGV ist das ein Schildbürgerstreich. „Wer stellt einen Wegweiser so auf, daß er von dem fiktiven Nutzer aus dem Altertum nicht gelesen werden kann, weil er erst auf die Rückseite des Steins gehen müßte?" Auch die auf dem Kreisel gepflanzten Rebstöcke sind dem Verein ein Dorn im Auge, wachsen sie doch nicht an einer authentischen, sondern an einer modernen Drahtrahmenziehung.

Für all diese Projekte braucht man nicht nur einen langen Atem, sondern auch Geld und helfende Hände. Die Heimatforscher wollen durch das Faltblatt mehr Aufmerksamkeit bei den Bürgern wecken, die oftmals gar nichts von der Arbeit des Vereins wüßten. Und sie hoffen, daß so auch die Anzahl der Mitglieder, heute sind es 162, steigen wird.

Infos im Internet: www.dhgv.de.

Frankfurter Rundschau - 17.8.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR