Geld im Main-Taunus-Kreis vom Spätmittelalter bis zur Reichswährung von 1873
KONRAD SCHNEIDER
 

Im Jahr 1873 mußte sich die Bevölkerung des zwei Jahre zuvor gegründeten Deutschen Reiches an neues Geld gewöhnen. Das neue Reich hatte schon 1871 mit der Einführung einer reinen Goldwährung auf der Grundlage der Mark zu 100 Pfennig begonnen. Nach und nach wurden die alten Landesmünzen aus dem Verkehr gezogen; nur die nach 1857 geprägten Taler der Staaten des Deutschen Zollvereins blieben noch bis 1908 im Wert von drei Mark im Kurs.

Für die Bewohner des Main-Taunus-Kreises war dies die zweite Währungsumstellung innerhalb von wenigen Jahren. Nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch Preußen im Jahr 1866 wurde das nassauische Rechnungssystem durch das preußische ersetzt. In Nassau galt bis 1866 der süddeutsche Gulden zu 60 Kreuzern zu je 4 Pfennig. Nassau besaß in Wiesbaden eine eigene Münzstätte, die das Land mit Zahlungsmitteln versorgte und die 1866 aufgehoben wurde. Im Jahr 1837 schloß sich Nassau mit Bayern, Württemberg, Baden, dem Großherzogtum Hessen und Frankfurt zu einem Münzverein zusammen und vereinbarte die Ausprägung von Geld in der Guldenwährung. Grundlage war ein Münzfuß von 24 1/2 Gulden, d. h. 24 1/2 dieser Gulden wurden aus der feinen (Gewichts)Mark Silber zu 233,855 g geprägt. Dieser Münzverein hatte auch über das Jahr 1866 hinaus Bestand.

Schon während des 19. Jahrhunderts setzte sich das preußische Geld auch in Süddeutschland durch. Schon 1838 vereinigten sich die Staaten des süddeutschen Münzvereins mit den nord- und mitteldeutschen Zollvereinsstaaten zu einem den Deutschen Zollverein umfassenden Münzverein. Nord- und Mitteldeutschland hatten zu diesem Zeitpunkt das preußische Währungssystem übernommen, in dem 14 Taler aus der Mark Silber geprägt wurden. In Preußen zerfiel der Taler in 30 Silbergroschen zu je 12 Pfennig. Nach 1838 war die „Vereinsmünze" zu zwei Talern oder dreieinhalb Gulden zunächst das einigende Band und wurde auch von Nassau geprägt. Schon 1857 nahmen die Zollvereinsstaaten eine Währungsreform vor und ersetzten die Mark Silber durch das Zollpfund von 500 g. Aus diesem Zollpfund wurden 30 Taler geprägt, die den bisherigen preußischen Talern vom inneren Wert her nahezu gleich waren. Damit hatte sich Preußens Währung im Zollverein weitgehend durchgesetzt, während die regionalen Unterteilungen und die süddeutsche Guldenwährung blieben. Der preußische Taler galt in Süddeutschland und damit in Nassau 105 Kreuzer. Nach 1867 mußten sich die Nassauer im Zahlungsverkehr mit größerem Geld dennoch nicht allzusehr umgewöhnen, denn die preußischen Taler machten neben den von Nassau ebenfalls geprägten Vereinstalern einen erheblichen Teil des Geldumlaufes aus. Wesentlich mühsamer war der Umgang mit dem Kleingeld: 105 Kreuzer entsprachen 30 Silbergroschen und damit der Kreuzer 2/7 Silbergroschen; und 420 nassauische Pfennige waren 360 preußischen gleich, so daß ein nassauischer Pfennig 6/7 eines preußischen galt1.
Geld im MTK392

Nassau: Adolph (1839-1866), Gulden 1855
Geld im MTK393

Nassau: Adolph (1839-1866), Vereinstaler 1859

Dieser Zustand dauerte jedoch nur bis zum Reichsmünzgesetz vom 9. Juli 1873, in dem das Drittelstück des preußischen Talers zu 100 Pfennigen die Währungseinheit und die Währung eine reine Goldwährung wurde, nachdem die Systeme der Zollvereinszeit und deren Vorgänger reine Silberwährungen gewesen waren. Jetzt mußten sich auch die Einwohner Preußens an neue Verhältnisse gewöhnen, denn 120 ihrer bisherigen Pfennige waren jetzt 100 Pfennige der dezimalen Reichswährung.

Als sich die Bewohner des heutigen Main-Taunus-Kreises in den Jahren 1803 bis 1806 an neue politische Verhältnisse gewöhnen mußten und Nassau die bisherigen Obrigkeiten Kurmainz, Hessen-Darmstadt und Isenburg ablöste, neben denen noch die Reichsdörfer Soden und Sulzbach unter der Vogtei von Kurmainz und der Reichstadt Frankfurt sowie der reichsritterschaftliche Ort Niederhofheim den alten Territorialbestand des heutigen Kreisgebietes ausmachten, war damit keine Veränderung des Währungssystems verbunden.

Innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, das sich im 16. Jahrhundert eine auf dem silbernen Reichstaler (25,98 g Feinsilber) fußende Reichswährung gab, bestanden regionale Währungssysteme und auch regionale Zusammenschlüsse. Kurmainz, Hessen- Darmstadt und Frankfurt gehörten solchen regionalen Münzvereinen an, die 1623, 1658/1693 und 1764/65 immer wieder neu gegründet bzw. nach Perioden der Flaute zum Leben erweckt wurden, um Probleme im Münzwesen zu lösen. Damit war das Gebiet des Main-Taunus-Kreises bereits seit 1623 Teil eines Währungsunionsgebietes, in dem als Rechenwährung der Gulden zu 60 Kreuzern bzw. zu 30 Albus galt. Die gemeinschaftlich von Kurmainz, Hessen-Darmstadt, Nassau-Saarbrücken und Frankfurt von bis 1636 zunächst in Frankfurt und dann auch in Mainz geprägten Albus oder Halbbatzen (2 Kreuzer) trugen die Wappen der vier Prägeherren. In einem Haus an der Hauptstraße von Eschborn-Niederhöchstadt wurden vor einigen Jahren zehn solcher Albusstücke der rhein-mainischen Währung gefunden, die dort zusammen mit einem Real aus den Spanischen Niederlanden um 1630 verborgen worden waren2.

Die kleineren Landesherren wie die Grafen von Isenburg in Okriftel hatten ohnehin keine Wahl als den Anschluß an das System der mächtigeren Nachbarn. Um 1750 ließ sich generell im Reich der Reichstaler nicht mehr ohne Verlust prägen, weil der Silberpreis gestiegen waren. Daher entstanden leichtere, also geringerwertige Talersysteme, einmal der preußische Taler, der sich in unserer Region erst nach 1815 verbreitete, und letztlich durchsetzte, und auf der Grundlage der bayerisch-österreichischen Konvention von 1753 der Konventionstaler, von dem 10 auf die feine Mark gingen. Dieser Taler galt 2 Gulden zu 60 Kreuzern. Dieser Kurs ließ sich jedoch nicht halten, so daß der Kurs des „Konventionstalers" auf 2 Gulden 24 Kreuzer stieg und anstatt 20 nunmehr 24 Gulden aus der Mark geprägt wurden.
Geld im MTK395

Kurmainz: Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695), 12 Kreuzer 1694 nach dem Münzvertrag mit Kurpfalz, Hessen-Darmstadt, Hanau und Frankfurt.

Der Münzverein der fünf Reichsstände Kurmainz, Kurpfalz, Kurtrier, Hessen-Darmstadt und Frankfurt erklärte 1766 den in ganz Süddeutschland und noch darüber hinaus üblichen Vierundzwanzigguldenfuß zur gesetzlichen Grundlage in seinem Währungsgebiet. Dieser Fuß war nach 1803/06 auch die gesetzliche Grundlage des Münzwesens in Nassau und den anderen süddeutschen Staaten3. Um diese Zeit breiteten sich jedoch die aus den österreichischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, stammenden Kronentaler aus und verdrängten das Konventionsgeld derart, daß die süddeutschen Staaten 1837 mit dem Fuß von 24 1/2 Gulden einen gerundeten Kronentalerfuß annahmen. Nassau prägte nach 1808 zunächst in seinen Münzstätten Ehrenbreitstein (bis 1815) und anschließend in Limburg (bis 1828) und nach 1830 in Wiesbaden zunächst Konventionsgeld und entsprechendes Kleingeld und später auch Kronentaler.

Es wäre jedoch ein Fehler anzunehmen, daß im Währungsgebiet des Münzvereins der Fünf Stände nur deren Münzen zugelassen waren und umliefen. Der Umlauf war vielfältig, so daß nur derjenige zurechtkam und nicht übervorteilt wurde, der sich auskannte. Als Hilfsmittel dienten Münzwaagen, vorzugsweise für Goldmünzen, und die zahlreichen und oft illustrierten Mandate, in denen die umlaufenden Geldsorten in der gesetzlichen Währung bewertet wurden. Weil die Währungen in Deutschland vor 1873 vorwiegend Silberwährungen waren, ließen sich die umlaufenden Goldmünzen nicht in ein starres Wertverhältnis zum Silber binden, das hier die Grundlage der Berechnungen war. Kursschwankungen konnte man ebenso wie die Gold- und Silberpreise und die Kurse für das lange unbeliebte Papiergeld den Tageszeitungen und den öffentlichen Anzeigeblättern entnehmen. Auch in Nassau gab es Papiergeld: ab 1840 Staatspapiergeld und nach 1849 Banknoten der Nassauischen Landesbank, die nach 1866 eingezogen und durch preußische Noten ersetzt wurden4.
Geld im MTK396

Nassau: Friedrich August (Fürst 1803 , Herzog 1806-1815); Konventionstaler
Geld im MTK397

Kurmainz: Dietrich von Erbach (1434-1459),
Goldgulden aus der Münzstätte Höchst a. M.

Bevor sich im Rhein-Main-Gebiet der Gulden zu 30 Albus oder 60 Kreuzern nach 1620 durchsetzte und bis zu den Währungsreformen von 1866 und 1873 die Grundlage des Rechnungssystems blieb, rechnete man zwar auch nach Gulden und Albus, doch gab es in der weitere Region verschiedene Systeme, von denen in unserer Region die Gulden zu 26 und 27 Albus die gebräuchlichsten waren. Kurmainz verwendete den Gulden zu 27 Albus. Der Albus zerfiel in 8 Pfennig bzw. 12 Heller. Kurmainz war 1385/86 Mitbegründer des Münzvereins der rheinischen Kurfürsten, dem neben ihm Kurpfalz, Kurtrier und Kurköln angehörten. Grundlage des Münzvereins waren Gulden und Weißpfennig, ab dem Beginn des 16. Jahrhunderts Albus genannt. Kurmainz und Kurpfalz bildeten innerhalb des rheinischen Münzvereins mit einer eigenen, aber auch von Nachbarn übernommenen Pfennigwährung ein Teilgebiet5.

Über das im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit im Main-Taunus-Kreis umlaufende Kleingeld geben Grabungsfunde aus der Höchster Altstadt guten Aufschluß. Von 1377 bis 1461/63 bestand in Höchst eine kurmainzische Münzstätte, die jedoch nur Goldgulden prägte7. Nach 1460 konzentrierte Mainz seinen Münzbetrieb in Mainz und prägte gelegentlich in Aschaffenburg.

Höchst war zugleich die einzige Münzstätte im Land zwischen Main und Taunus. Die andere Territorialmacht: Eppstein, 1492 gefolgt von Hessen-Darmstadt, prägte nicht innerhalb des Main-Taunus-Kreises, sondern nach dem Erhalt des Münzrechtes für Gold in Steinheim am Main Goldgulden in offensichtlich sehr geringen Mengen8. Hessen- Darmstadt münzte in Darmstadt und gelegentlich in Gießen und Nidda. Die Königsteiner Linie gelangte 1503 durch Erbschaft in den Besitz der Reichsmünzstätten Augsburg, Frankfurt und Nördlingen und prägte dort Goldgulden und in Augsburg und Nördlingen Batzen und Halbbatzen mit dem Eppstein-Königsteiner Wappen9. Der Geldumlauf des 15. und frühen 16. Jahrhunderts war von rheinischen und sonstigen Goldgulden sowie Weißpfennigen des Rheinischen Münzvereins bestimmt, wie zwei Funde aus Bremthal (nach 1471) und Schloßborn (nach 1507) belegen10.

Einen Überblick über den vielfältigen Geldumlauf des 16. und frühen 17. Jahrhunderts mag der nach 1621 verborgene Schatz von Bremthal (Stadt Eppstein) mit 107 Silbermünzen aus einem Jahrhundert bieten, die aus ganz Europa stammten: aus Frankreich, Italien, England, allen Teilen Deutschlands und vorwiegend aus den spanischen Niederlanden, die in jener Zeit weite Teile Deutschlands mit Bargeld versorgten11.

Der schnelle Gang durch die Geldgeschichte unseres Kreises der letzten Jahrhunderte mag auf den ersten Blick verwirrend wirken. Bei näherem Hinsehen wird jedoch deutlich, daß es immer wieder Mächte wie Kurmainz und Hessen waren, die bemüht waren, ein solides Geldwesen zu schaffen und in der Vereinigung zu Münzvereinen einen Gewinn an Stärke und Geldstabilität sahen.

Fotos:
Dr. Frank Berger, Historisches Museum Frankfurt a. M. nach Vorlagen des Historischen Museums.

Anmerkungen:

1. Konrad Schneider, Zwischen Kronentaler, Konventionstaler, preußischem Kurant und Fünffrankenstücken. Geldumlauf und Münzpolitik im Rhein-Main-Gebiet in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 47, 1997, S. 170-204.

2. Niklot Klüßendorf, Münzfundberichte des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde Marburg, Nr. 6, 1984 bis 1986, Sonderdruck aus: Fundberichte aus Hessen, 26, 1986 (1991), Nr. 6 A 11.

3. Konrad Schneider, Die Münz- und Währungspolitik des Oberrheinischen Reichskreises im 18. Jahrhundert = Veröffentlichungen der Gesellschaft für Historische Hilfswissenschaften, 4, Koblenz 1995.

4. Albert Pick, Papiergeld, Braunschweig 1967, S. 200 f.

5. Karl Weisenstein, Das kurtrierische Münz- und Geldwesen vom Beginn des 14. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts = Veröffentlichungen der Gesellschaft für Historische Hilfswissenschaften 3, Koblenz 1995.

6. Konrad Schneider, Mittelalterliche und neuzeitliche Fundmünzen aus dem Bereich der Höchster Altstadt und der Schwanheimer St. Martinskirche, in: Höchster Geschichtsblätter, 45,1994, S. 3-40.

7. Albert Schlegel, Die kurmainzische Münzstätte Höchst 1377 bis 1461/63, Frankfurt 1991.

8. Adolf Zilch, Episoden aus der Münzgeschichte unserer Heimat (Main-Kinzig-Kreis) und Dokumentationen zum Münzwesen der Grafschaft Ysenburg-Büdingen im 17. Jahrhundert, Wächtersbach 1992 (2. Auflage) Kap. 5.2.1.1., S. l0 f.

9. Hans Herzfelder, Die Reichsmünzstätten Nördlingen und Augsburg unter den Häusern Weinsberg und Königstein, in: Mitteilungen der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft, 42,1924, S. 70-133.

10. Julius Isenbeck, Drei Münzfunde aus Nassau, in: Nassauische Annalen, 27,1895, S. 9- 38.

11. Nikolaus Hess, Vier neuzeitliche Münzfunde im Regierungsbezirk Wiesbaden, in: Wilhelm Diepenbach (Hrsg.), Das Mainzer Münzkabinett 1784-1934, Mainz 1934, S. 31- 36.

Aus: Zwischen Main und Taunus – MTK-Jahrbuch 1993 – mit freundlicher Erlaubnis des Autors