Hexendenkmäler im Main-Taunus-Kreis

Hartmut Hegeler

Die Hexenverfolgung gehört zu einem der dunkelsten Kapitel der mitteleuropäischen Geschichte. In über 200 hessischen Orten wurden Frauen, Männer und Kinder als „Hexen" angeklagt, gefoltert und verbrannt. Die Gesamtzahl der Opfer kann im heutigen Bundesland Hessen mit etwa 2.000 Personen angegeben werden, davon waren 8,4 % Männer.

In den meisten Städten sind die Leiden der Opfer in Vergessenheit geraten. Nur in wenigen Ortschaften wird an das Schicksal der unschuldig hingerichteten Menschen erinnert. In diesem Artikel werden Gedenksteine und -tafeln für die Opfer der Hexenprozesse vorgestellt. Dabei finden die Orte Flörsheim am Main und Hofheim am Taunus besondere Erwähnung. In einem kurzen Überblick wird über die lokale Hexenverfolgung informiert und jeweils das Schicksal eines Angeklagten vorgestellt, der in die Fänge der Hexenjustiz geriet.

Aus heutiger Sicht sind die wegen Hexerei verurteilten Frauen und Männer im Sinne der Anklage für unschuldig zu erklären. In Zeiten der modernen Naturwissenschaften ist jedem einsichtig, daß ein Mensch nicht auf einem Besenstiel zum Hexensabbat fliegen oder mit Zauberei Wetterkatastrophen und Krankheiten bewirken kann. Nie sind die Opfer der Hexenprozesse jedoch rehabilitiert worden, sie gelten bis heute als schuldig im Sinne der Anklage: sie hätten sich dem Teufel verschrieben, Gott verleugnet und durch Zauberei Schaden über die Menschheit und die Natur bewirkt. Es muß deutlich gesagt werden: es gab keine „Hexen", sondern Menschen wurden durch die Folter zu „Hexen" gemacht. Trotz schlimmster Martern haben etliche angeklagte Frauen und Männer bis zuletzt an ihrem Glauben an Gott festgehalten.

Denkmäler, die an das Unrecht in den Hexenprozessen erinnern, motivieren zur Spurensuche vor Ort und stellen einen wichtigen Gesprächsimpuls für den Dialog mit der Jugend und interessierten Erwachsenen dar. Gedenktafeln und Gedenksteine können zum Erzählort werden, um die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit lebendig werden zu lassen, um auch den Blick für Unrecht heute zu schärfen. Damals wurden die Angeklagten beschuldigt, sie wären durch Hexerei für Krankheiten und Klimakatastrophen verantwortlich. Dieser Sündenbockmechanismus durchzieht die menschliche Geschichte bis zur jüngsten Vergangenheit und ist auch heute von brennender Aktualität.

Denkmäler erinnern uns daran, wie Menschen in der Vergangenheit gelebt und gelitten haben, und prägen das Bewußtsein der Menschen und ihre Einstellung zu Gegenwart und Zukunft. „Die unschuldigen Opfer eines gnadenlosen Systems verdienen auch nach bald 350 Jahren unsere Achtung, jeder Name ein ehrenvolles Andenken. Darin liegt die Verpflichtung, sich der Gefahren totalitärer Systeme bewußt zu werden und die Würde jedes Menschen zu verteidigen" (Dr. Alfred Bruns, Landesarchivdirektor).

Flörsheim am Main

In Flörsheim am Main findet sich an der Kelb in der Flörsheimer Schweiz an der Hochheimer Straße/Einmündung Bachweg/Obermühle ein ca. 3 m hohes Sandsteinkreuz. Es markiert die alte Richtstätte am sogenannten Galgenberg bzw. Hexenberg, der am Rande eines kleinen Hochplateaus neben dem heutigen „Dyckerhoff-See" liegt. In dieser Gegend lagen die ältesten Siedlungen aus der Steinzeit. Dort, und nicht am Kreuzesstandort, könnte sich der Richtplatz befunden haben. Ein Lagerbuch verzeichnet beim Galgenberg den Gerichtsweg. Auch die Flurbezeichnung „Mehlberg" (Mal = Gerichtsstätte) deutet daraufhin. Gerichtsplätze waren oft durch besondere „Zeichen" kenntlich gemacht, z.B. aufgerichtete Steine.

Das Kreuz hat die GPS Koordinaten: N 50° 0,373', O 8° 24,255': Standort rechts der L 3028 in Richtung Keramag, in der Nähe des höchsten Punktes der Umgebung, in unzugänglichem Gelände. An dem Kreuz vorbei führte früher ein alter Verbindungsweg über die Rüsselsheimer Fähre aus dem südhessischen Raum in Richtung Wetterau. Das Kreuz wird auch als „Hexenkreuz" bezeichnet. Es zeigt ein talabwärts gewandtes Kreuz auf Sockel mit Korpus Christi. Die alte Inschrift wurde vom Heimatforscher Philipp Schneider entziffert und lautet: „Anno 1750 hatt Gott zu Ehren dieses Kreuz lassen aufrichten der Johann Jakob Kol [Kohl] und Anna Gertruda Kolin sein Hausfrau - Flersheim" [Flörsheim]. Die jetzige Inschrift entspricht Texten an anderen Kreuzen und deutet in keiner Weise auf einen besonderen Grund zu seiner Errichtung hin.

Man kann davon ausgehen: wer hier 100 Jahre nach dem letzten Hexenprozeß ein Kreuz aufstellte, wußte um die Bedeutung dieses Ortes. War es ein nachträglich aufgestellter Grabstein zum Gedenken an ein hingerichtetes Familienmitglied, dem ein christliches Begräbnis verwehrt wurde? Auf jeden Fall haben die Einwohner die Errichtung des Steinkreuzes an diesem beklemmenden Ort zugelassen. Es bleiben viele Geheimnisse um dieses Hexenkreuz.

Hexenprozesse in Flörsheim

Flörsheim gehörte zum Erzbistum Mainz, wo es in zeitlichem Zusammenhang mit der Gegenreformation vier Wellen von Hexenprozessen gab:

  • 1590-1597 unter Kurfürst Wolfgang von Dalberg (4 Hinrichtungen)
  • 1600-1608 unter Kurfürst Johann Adam von Bicken und Johann Schweikhard von Kronberg
  • 1611-1619 unter Kurfürst Johann Schweikhard von Kronberg.7 (27 Hinrichtungen, 7 Fälle: Ausgang unbekannt). Unter seiner Regierung war der Höhepunkt der Kurmainzer Hexenverfolgungen.
  • 1624-1632 unter Kurfürst Georg Friedrich Greiffenclau von Vollrads (12 Hinrichtungen).

Das geistliche Kurfürstentum Mainz war mit ca. 2000 Opfern eines der am stärksten von der Hexenverfolgung betroffenen Territorien. Die Hexenprozesse im Erzstift erreichten eine Sozialdisziplinierung größeren Stils, die mit anderen Mitteln in diesem Umfang und in dieser kurzen Zeit nicht durchführbar gewesen wäre. In der Bevölkerung wuchs die Bereitschaft, gegen vermutete Hexen vorzugehen.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts fielen in Flörsheim von 1596-1631 über 43 Frauen und Männer dem Hexenwahn zum Opfer. Etliche sollen am Hexenberg hingerichtet worden sein. Einen Extrakt aus dem Flörsheimer „Hexischen Inquisitionsprotokoll" hatte Johan Traberger, öffentlicher Notar und Prokurator (Rechtsanwalt) des Kurfürstlichen Hofgerichts in Mainz niedergeschrieben.

Nach den ersten Prozessen wurde es 1596 in Flörsheim ruhiger um die „Inquisition" vermeintlicher Zauberer. Die Gemeinde Flörsheim bat jedoch das Mainzer Domkapitel um die Erlaubnis, „daß die übrigen angegebenen Hexenweiber verhaftet und bestraft werden mögen."

Für die Menschen war es eine schlimme Zeit: Die Bevölkerung litt unter den Klimakatastrophen der Kleinen Eiszeit (1550-1800) mit langen strengen Wintern und kaltnassen Sommern. Mißernten, Teuerung und Hungersnöte waren die Folge. Man suchte nach Erklärungen - und man fand sie. Allerorten begannen hysterische Hexenjagden. Angeklagte wurden in den Hexenprozessen unter dem Vorwurf verurteilt, sie hätten durch ihre Hexenkunst kalten Regen oder Hagel verursacht mit fatalen Folgen für die Nahrungsmittelproduktion.

Die Jahre 1615-1618 stellen den Schwerpunkt der Flörsheimer Hexenverfolgung dar. Die Anklage lautete: Schadenszauber, Abfall von Gott, Teufelsbuhlschaft und Hexentanz. In den Exekutionsprotokollen ist häufig vermerkt, daß die Angeklagten beschuldigt wurden, kurz vor Walpurgis mit ihrem Buhlen [Teufel] durch die Luft zum Hexentanz unter den Niemandsbäumen gefahren zu sein. Dort sei beschlossen worden, Wein und Früchte des Feldes zu verderben. Die Reichen mit gefüllten Speichern hätten die Armen dazu gebracht, daß sie mithelfen. Die Reichen hätten sich um einen Topf mit Schmierwasser gestellt, das Wasser genommen und „im Namen des bösen Freundes über die Weingärten ausgeteilt, davon ein Reif [Frost] erfolgt und die Weingärten erfroren seien." Am 1. März 1617 wurde Peter Hanß Hahns Stiefsohn wegen des „abscheulichen Lasters" der Zauberei verbrannt. Er hatte ausgesagt, vor sechs Jahren in der Walpurgisnacht mit seiner Mutter auf einer zubereiteten Ofengabel zum Hexentanz unter den Niemandsbäumen gefahren zu sein.

Dort hätte Hanß Duchmanns Tochter Hochzeit gehalten. Danach hätten alle Teilnehmer, auch Jakob Schads beide Töchter und sein Sohn, am Borgsweg strichweise das Korn, auch das Kraut mit Reif verdorben.

Schicksal der Familie Jakob Schad

Möglicherweise führten Auseinandersetzungen zwischen Hörigen der in Flörsheim begüterten Mainzer Klöster mit vermögenden selbständigen Weinbauern zu Hexenprozessen. Familien selbständiger Landwirte wurden wegen Hexerei belangt. Zunächst wurde 1615 der Flörsheimer Landwirt und Winzer Jakob Schad als Hexer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. An dem Schicksal seiner Familie wurde der Gegensatz zwischen Arm und Reich deutlich. Unterlagen von seinem Prozeß sind nicht mehr vorhanden, doch im Flörsheimer Hexischen Inquisitionsprotokoll und im Protokoll zauberischer Indizien wird Schad mehrfach als Teilnehmer von Hexentänzen und Hexenwirken belastet.

Auch die Kinder von Jakob Schad wurden in den Protokollen, die der Amtmann von Höchst den Weltlichen Räten in Mainz zuschickte, mehrfach beschuldigt: Margreth Schad zwölfmal, Ela Schad zehnmal, Johann Schad neunmal und Cloß Schad fünfmal. Die drei älteren Kinder wurden verhaftet und vernommen und am 9. Juni 1617 im Beisein des Zollschreibers gütlich verhört. Als die Geschwister jede Schuld von sich wiesen, begann die peinliche Befragung. Der 21-jährige Johann Schad erklärte den Schultheißen und Gerichtsschöffen, daß er den Herren nichts Böses zu sagen hätte. Er sei fälschlich verleumdet worden. Als ihm die Scharfrichter die Beinschrauben anlegten, schrie er vor Schmerzen laut auf: „Um Gottes und des Jüngsten Gerichts willen mein Leben zu verschonen. Will alles sagen." Der Vater hätte ihn das Böse gelehrt. Dieser hätte ihm eine junge und hübsche Person vor die Tür gestellt. Als er mit ihr geschlafen hätte, hätte er gesehen, daß sie einen gespaltenen Fuß hätte, und es sei von kalter Natur gewesen. Sie hätten in der Walpurgisnacht unter den Niemandsbäumen Hochzeit gehalten. Sein Buhle habe Federwisch geheißen.

Unerbittlich ging der Schultheiß die 98 Fragen der Specialia Interrogatoria durch. Als Johann nicht weiterreden wollte, bediente sich der Scharfrichter der Foltermethode des Aufziehens und marterte den jungen Mann. Ja, er hätte sich der Schmiersalbe des Teufels an der linken Hand bedient. Der Böse hätte ihm verboten, in die Kirche zu gehen und die Sakramente zu gebrauchen. Er habe ein Schwein umgebracht und in den Main geworfen. Er habe durch Reif die Frucht verdorben. Korn wie auch Weinberge hätten Schaden genommen. Seine beiden Schwestern seien mit dabei gewesen. Sein Vater hätte ihn den Verkehr unter Männern gelehrt. Zum Schluß versprach Johann dem Gericht, am peinlichen Gerichtstag bei seinen Aussagen zu bleiben, das Abendmahl darauf zu nehmen und unter den Augen der von ihm Beschuldigten auszusagen.

Die 19-jährige Margreth Schad wurde in Güte verhört, sagte aber nichts aus: „Sie sei ein braver Mensch." Jetzt legte ihr der Scharfrichter die Beinschrauben an. Unter Schmerzen meinte sie, der Vater müßte es getan haben, wisse aber nicht, was er getan. Die Beinschrauben wurden fester angezogen. Margreth schrie: „Sie müsse sterben, Du herzensliebes Vattergen." Der Scharfrichter hatte kein Erbarmen und verschärfte die

Folter. „O du liebes Vattergen im hohen himell. Wollt kein Krebs [Beinschraube] an ihren Leib kommen lassen, wenn sie darbey geweßt." Sie habe keinen Menschen verführt und keinen Reif gemacht.

Der Scharfrichter ging bei den „spanischen Stiefeln" zur dritten Stufe über. Dann gestand sie: Ihr Vater habe sie dazu gebracht. Er wolle ihr einen Mann geben, der sie nicht schlage. Der sei in ihre Stube gekommen, ganz schwarz gekleidet. Er hätte verlangt, daß sie von Gott abfallen müsse. An einer gerodeten Stelle bei den Niemandsbäumen habe er dreimal bei ihr gelegen, wäre von kalter Natur gewesen. Als dem 19-jährigen Mädchen die Beine zerquetscht wurden, muß die Folterung Margreth so zugesetzt haben, daß sie nur noch wirre und zusammenhanglose Antworten auf die inquisitorischen Fragen gab. Schließlich bezichtigte sie auch ihre jüngere Schwester Ela. Sie versprach, dies alles auch bei einer Gegenüberstellung zu wiederholen und es vor dem öffentlichen Gericht zu bekennen. Sie würde darauf das Abendmahl nehmen, leben und sterben.

Die 17-jährige Ela legte im Verhör sofort ein Geständnis ab, ohne den Scharfrichter und seine Instrumente gesehen zu haben. Sie wüßte niemanden, der sie etwas Böses gelehrt, doch der Vater müßte es getan haben. Er habe ihr einen jungen Knaben versprochen, in Schwarz gekleidet. Er habe sich Federwisch genannt und ihr Geld gegeben. Dieser habe Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt, aber von kalter Natur. In der Walpurgisnacht habe sie auf der Kelp [Hexenberg] mit ihm Hochzeit gehalten. Ihr Vater hätte bei der Tafel oben gesessen. Auf einem Wagen seien sie durch die Luft heimgefahren. Auch Bruder Johannes und Schwester Margreth seien dabei gewesen. Sie nannte auch andere Namen, darunter viele junge Leute. Im Juli hätten sie die Weingärten und die Äpfel verderben helfen.

Die Weltlichen Räte stellten am 26. Juni 1617 fest, daß sich die drei Geschwister Schad nach ihren Geständnissen der Absage an Gott und der Zusage an den Teufel, der Tötung von Menschen und Vieh und des Schadenszaubers schuldig gemacht hätten. Die Mainzer Juristen kritisierten jedoch die konfusen Verhörprotokolle. Die Vorschriften für peinliche Verhöre müßten genau beachtet werden. Am Gerichtstag forderte der Ankläger nach Verlesung der Urgichten [Geständnis] die Todesstrafe. Der Verteidiger versuchte die Geschwister zu retten, aber die Schöffen verurteilten sie zur Todesstrafe, sie mit dem Feuer zu verbrennen. Die Hinrichtung fand am 6. Juli 1617 statt.

Cloß Schad, das jüngste der Schad-Kinder, war erst 15 Jahre alt und wurde nicht angeklagt, weil im Kurfürstentum Mainz eine Altersgrenze für eine strafrechtliche Verfolgung galt. Am 12. Februar 1624 vermeldet das Kirchenbuch seine Hochzeit. Er starb jedoch um 1630.

Wo sich die erwähnten Niemandsbäume befunden haben, unter denen Einwohner den Hexensabbat gefeiert haben sollen, ist unbekannt. Auf den „Hexenberg" hinauf wurde wohl auch die letzte Flörsheimer „Hexe" getrieben, die wegen „abscheulichen zauberlasters" 1630 verhaftet und im November des gleichen Jahres hingerichtet wurde. Sie habe gestanden, „vor einem halben Jahr uff der Kelpen von Flerßheim" beim Hexentanz gewesen zu sein.

Schulden für Flörsheim durch Hexenprozesse

1615 schlugen die Hexenprozesse für Flörsheim bereits mit 6225 Gulden zu Buche. Zur „Bestreitung der Unkosten der wegen Ausrottung und Bestrafung des eingerissenen Lasters der Zauberei und Hexerei befohlenen Inquisition" beantragte die Gemeinde 1618 beim St. Clara-Kloster in Mainz ein Darlehen von 2000 Gulden. Die Gemeinde nahm weitere Gelder auf, konnte aber keine Rückzahlungen leisten. Gegen 1648, als die Hexenverfolgungen im Kurfürstentum eingestellt wurden, belief sich die Schuldsumme auf 9973 Gulden, inklusive Zinsen sogar auf 12 220 Gulden. Flörsheimer Gemeindeland war verpfändet worden. 1661 bat die Gemeinde das Mainzer Domkapitel um Hilfe bei einem annehmbaren Vergleich. Bis 1700 war der Vorgang im Kloster St. Clara noch nicht abgeschlossen.

Hofheim am Taunus
Hexenprozesse in den Ämtern Höchst und Hofheim

Unter der Regierung von Johann Adam von Bicken, Erzbischof und Kurfürst von Mainz, erreichten die Hexenprozesse im Kurfürstentum Mainz den Höhepunkt. In der Zeit von 1588 bis 1602 wurden in den beiden Ämtern Höchst und Hofheim 23 Frauen der Hexerei angeklagt und davon 15 hingerichtet. Von vier weiteren Frauen ist das Schicksal unbekannt. Nur in drei Fällen konnte kein Geständnis erreicht werden, und davon wurden zwei Frauen zu Hausarrest und eine zur Ausweisung aus dem Erzstift Mainz verurteilt. Eine Frau entzog sich der Verhaftung durch Flucht.

Ein Teil der Angeklagten wurde im Hexenturm in Hofheim inhaftiert, ein dunkles und feuchtes Gefängnis, Teil der Stadtmauer im Kellerei-Hof. Der Prozeß wurde vor dem zuständigen Land- oder Zentgericht geführt und das Urteil durch die dazu bestellten Schöffen (Examinatoren) gefällt, die auf Lebenszeit gewählt waren.

Hexenprozess gegen Clasen Merg

Clasen Merg (auch Clasin Mergenin) wurde um 1527 geboren. Sie war Hebamme aus Höchst und die Witwe von Claß Metzger. 1597 wurde sie wegen Hexerei angeklagt. Die Beschuldigte war unter der Folter während der Haft geständig, widerrief aber in der Gerichtsverhandlung. Schultheiß und Schöffen sahen darin das mutwillige und absichtliche Hinausziehen des Urteils und ordneten eine scharfe peinliche Befragung (Folter) an. Ihr Verteidiger wies auf ihr Alter von 70 Jahren hin und auf epileptische Anfälle, einmal sogar vor Gericht. Sie wolle nach so langer Haft lieber unschuldig sterben als weitere Schrecken der Tortur auszustehen.

Es folgte eine neue Verhandlung. Die Clasin wurde im Beisein des Scharfrichters befragt und gestand aus Furcht abermals ihr zauberisches Verbrechen. Zur Überprüfung der Wahrheit legte der Scharfrichter Beinschrauben an und brachte sie zu einem Geständnis. Sie sei zum Tanz mit dem Teufel in des Schultheiß Garten gewesen, habe Wein und Korn auf den Feldern verdorben und eine schwarze Salbe von einer Weide geholt. Sie habe Gott abgeschworen und mit „Federbusch", ihrem Teufelsbuhlen, teuflische Unzucht getrieben. Sie gestand weiteren Schadenszauber und denunzierte im Verlauf der Tortur mehrere Frauen aus Höchst und Hofheim. Ihre Hinrichtung erfolgte vermutlich 1597.

Hexenprozess gegen Anna Glitzen

Anna Glitzen (* um 1541, Sterbedatum unbekannt) war die Frau von Lorenz Glitzen aus Hofheim und Schwiegermutter des Pfarrers aus Weilbach. Sie wurde von mehreren Frauen der angeblichen Hexerei unter der Folter denunziert: von Thöngessen Crein, Köchin von Heidersheim (Hattersheim), von der Möllerin aus Hattersheim und von Bippen Merg aus Kriftel. Anna Glitzen wurde verhaftet, aber das peinliche Verhör blieb ergebnislos - sie gestand nicht. Auch eine zweite Folter konnte ihren Widerstand nicht brechen. Dann wurde die Möllerin erneut verhört und widerrief ihre Aussage und sprach Anna Glitzen von jeder Komplizenschaft mit dem Teufel frei.

Anna Glitzen wurde auf Urfehde entlassen, d.h. sie mußte schwören, sich an den Mitgliedern des Gerichts nicht zu rächen und Hausarrest einzuhalten.

Erinnerung an die Opfer der Hexenprozesse in Hofheim a.T.

Am 27. April 2001 stiftete Frau Dr. Erika Haindl ein Relief für die Opfer der Hexenprozesse. Die Inschrift lautet: „Zum Gedenken an die als Hexen Gefolterten und Hingerichteten. Wo Gewalt herrscht, gedeiht kein Frieden. Heilung braucht Erinnerung." Dieses Relief wurde von den Künstlerinnen Wanda Pratschke, Frankfurt a. M., die Schrift von Barbara Proksch, Straubing, sowie der Gießerei Kunstguß Kastel, Mainz-Kastel, gestaltet. Jährlich findet vor diesem Relief am Hofheimer Hexenturm eine Gedenkveranstaltung des Zentrums für altes und neues Wissen und Handeln e.V. statt gemeinsam mit dem Magistrat der Stadt und dem Stadtmuseum/ Stadtarchiv.

(Wegen des umfangreichen Fußnotenwerkes wird auf den Originalbeitrag verwiesen. Webmaster)

Aus:
MTK-Jahrbuch 2010
MTK2010 002

“Aus heutiger Sicht...” - tatsächlich?

“Das Kurfürstentum Mainz...” - warum nur? (Tja, von  Nix kommt Nix! Volksmund 2011/Webmaster)