Notizen über ein Nest
Kelkheim: Dietrich Kleipa erzählt, wie Dichter die Region beschrieben

Von Andrea Rost

Wie haben Reisende, Schriftsteller und Dichter das Land zwischen Main und Taunus vor hunderten von Jahren erlebt? Was haben sie beobachtet, woran Gefallen gefunden? Was hat sie besonders interessiert?

() Der Kelkheimer Stadtarchivar Dietrich Kleipa gewährte in einen Vortrag einen Einblick in seine umfangreiche Zitatensammlung über den Main-Taunus-Kreis, die einen Bogen spannt vom 16. Jahrhundert bis in die jüngste Vergangenheit.

30 Jahre lang habe er historische Textpassagen über die Städte und Gemeinden des Kreises zusammengetragen, erzählt Dietrich Kleipa. Auf seinem Schreibtisch in Kelkheim stapeln sich dicke Chroniken, schmale Bändchen mit Tagebuchnotizen und Reisebeschreibungen und eine Menge Fotokopien, die er von Büchern gemacht hat, die nur noch in der hessischen Landesbibliothek in Wiesbaden stehen.

Oft erwähnt: Bad Soden

90 Bücher hat Kleipa im Laufe von drei Jahrzehnten ausgewertet. Manche sind so berühmt wie Goethes „Dichtung und Wahrheit" - darin berichtet der Dichterfürst über seine Reise zum Feldberg - oder Tolstojs Anna Karenina, das eine Beschreibung des Kurlebens in Bad Soden enthält. Anderes ist weitgehend unbekannt. Beispielsweise die Tagebücher von Clotilde Koch-Goutard, einer Freundin der Familie Gagern. Sie berichtet über das „Nest" Münster, in dem sie auf der Fahrt nach Hornau Rast einlegen mußte, damit sich die Pferde erholen konnten. Pfannkuchen und Milchsuppe habe man ihr in einem Bauernhaus serviert, alles auf einem einzigen Teller.

Über einzelne Orte gibt es Zitate in Hülle und Fülle. So über Bad Soden, das in den Aufzeichnungen zahlreicher Badeärzte und Kurgäste Erwähnung findet. Oftmals berichtet wird auch über das Lorsbachtal und die Burg Epstein, über das Marktschiff, das von Frankfurt nach Mainz fuhr und stets am Flörsheimer Mainufer anlegte und über die Hattersheimer Poststation. Andere Städte und Gemeinden sind literarisch kaum präsent. Kriftel etwa, dessen Vergangenheit Dietrich Kleipa in einer landwirtschaftlichen Beschreibung aus dem Jahr 1841 lebendig werden läßt. Daß die Bauern Bachläufe und Wiesen begradigt hatten, war dem Herzogtum Nassau damals 50 Dukaten wert. Dietrich Kleipa weiß, daß er mit seiner Suche nach Zitaten über Land und Leute im Main-Taunus-Kreis Neuland betreten hat. „Es gibt nichts Vergleichbares", sagt er und hofft auf reges Interesse bei Heimatforschern aus der Region. Sein Vortrag am Samstag wird rund eineinhalb Stunden dauern. Nur einen kleinen Teil der zusammengetragenen Zitate kann er dabei vorlesen. Damit die viele Mühe nicht umsonst war, plant er die Herausgabe eines Sonderheftes der Vereinszeitschrift Rad und Sparren mit literarischen Zitaten aus dem Main-Taunus-Kreis im Jahr 2009.

Dietrich Kleipa

Stadtarchivar Dietrich Kleipa hat drei Jahrzehnte lang historische Textpassagen über den Main-Taunus-Kreis zusammengetragen. Seine Sammlung präsentierte er in einem Vortrag.

Frankfurter Rundschau – 7.1.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR