Die Schultheißen und Bürgermeister von Schwalbach
Teil 1: Die Schultheißen

Von Michael Geisler

Bürgermeister Roland Seel ist der letzte einer langen Reihe von männlichen Ortsvorstehern in Schwalbach, erstmals wird nun eine Frau in dieses Amt gewählt werden. Die eine Kandidatin, Claudia Eschborn, trägt einen nach dem Nachbarort benannten Nachnamen. Erwähnungen der Familie gibt es schon im 16. Jahrhundert in Oberursel, von dort aus gelangten Nachkommen in Nachbarstädte wie Königstein und Hochheim. Hier in der Gegend seit dem 18. Jahrhundert ausgestorben, existierte ein Zweig noch im Rheingau weiter. Grund für diesen Ortswechsel war der seit Generationen ausgeübte Beruf des Lehrers.

Der anderen Bürgermeisterkandidatin, der gebürtigen Schwalbacherin Christiane Augsburger, scheint das Amt im Blut zu liegen, denn sie stammt mütterlicherseits von einigen Schultheißen ab, zwei sind aus Schwalbach - Johann Weil und dessen Urenkel Adam Weil, von denen noch die Rede sein wird - und weitere aus Mammolshain und Niederhöchstadt. (Bürgermeisterin Augsburger ist mittlerweile im Amt. Webmaster - 2009)

Das Bürgermeisteramt ist noch relativ jung, es existiert erst seit dem Revolutionsjahr 1848. Vorher nannte man den Ortsvorsteher "Schultheiß". Der Unterschied bestand darin, daß der Schultheiß durch den Landesherren bestimmt, der Bürgermeister dagegen vom Volk bzw. durch dessen Vertreter gewählt wurde. Zwar konnten auch Schultheißen durch die Ortsbürger gewählt werden, allerdings hatte der Landesherr das letzte Wort und konnte den Gewählten ablehnen, wie es auch in Schwalbach einmal geschehen ist. Den Begriff "Bürgermeister" gab es vorher auch schon, allerdings handelte es sich hierbei um den Gemeinderechner. Schwalbachs letzter Schultheiß war Johann Hemmerle, ihm folgte 1848 als erster Bürgermeister Johann Scherer.

Nachfolgend werden nun die Schwalbacher Schultheißen behandelt, soweit sie bisher bekannt sind. Die Forschungen sind noch nicht abgeschlossen, es besteht also die Möglichkeit, weitere Schultheißen, v.a. vor 1700 lebende zu finden, oder näheres über die einzelnen Personen zu erfahren.

Die erste bisher bekannte Nennung eines Schultheißen stammt aus dem Jahr 1382 mit Henne Beyger dem Alten (= Johann Bayer), der gemeinsam mit seinen Bruder Henne Beyger dem Jungen und zwei weiteren Schwalbacher Einwohnern als Bürge beim Verkauf einer Korngülte durch die niederadlige Familie von Schwalbach an einen Frankfurter Bürger und seine Frau auftritt.

1466 tritt Heintz (= Heinrich) "der Schultheiß zu Schwalbach" als Zeuge bei einem Verkauf zwischen Eberhard III. von Eppstein und den Herren von Kronberg auf.

Die nächste Nennung ist im Folgejahr bei einem Streit zwischen Kuno von Solms und Hans von Kronberg wegen Gütern und Einkünften in Schwalbach und Umgebung. Es werden nun sogar zwei Schwalbacher Schultheißen genannt, nämlich zum einen Jeckel (= Jakob) und seine Kinder Bernhart, Peter, Franck, Else und Grede, zum anderen der schon genannte Heintz, seine Frau Gertrut und die Kinder Hanns, Grede, Henne, Else und Claus. In derselben Urkunde wird noch eine Katherin als Altschultheißin bezeichnet, also die Frau oder Witwe eines Vorgängers. Nachnamen werden nicht genannt. Da dies bei den anderen in den Urkunden genannten Familien aber der Fall war, ist anzunehmen, daß sie für den Schreiber nicht von Bedeutung waren, weil im Zusammenhang mit der Amtsbezeichnung damals jeder wußte, um wen es sich handelte. Auch ist es möglich, daß es für die betreffenden Familien noch keinen Nachnamen gab.

1535 starben die Grafen von Eppstein in der männlichen Linie aus, durch Heirat gelangte die Herrschaft Königstein, zu der auch Schwalbach gehörte, an die Grafen von Stolberg. Aus jenen Zeiten sind 1543 ein Heinrich, dessen Nachname wieder unbekannt ist, 1556 Melchior Roth und 1573 Peter Hannsen genannt. 1579 war Melchior Roth schon tot, denn seine Erben zahlten in diesem Jahr Gartenzins.

1581 hatte Jakob Weigand das Amt inne. Gemeinsam mit seinem stolbergischen Landesherren wurde er von Hartmut von Kronberg wegen einer gepfändeten Hammelherde vor dem Reichskammergericht verklagt. Im gleichen Jahr aber starb Christoph von Stolberg-Königstein kinderlos, fast die gesamte Herrschaft fiel entsprechend des Testamentes dem Staate Kurmainz in die Hände, nur in den Orten Neuenhain, Altenhain und Schneidhain war die Kurpfalz mit der Inbesitznahme schneller gewesen. Sehr viel später sollte es sich herausstellen, daß ein neueres Testament einen anderen Familienzweig der Stolberger begünstigte, aber der kurmainzische Erzbischof hatte den damaligen Königsteiner Amtmann Johann Kellner in seine Dienste genommen und zu Verschwiegenheit verpflichtet. Das Testament ließ er verschwinden, erst im 18. Jahrhundert tauchte es wieder auf. Nach jahrelangen Gerichtsprozessen behielt Kurmainz die Herrschaft Königstein und die eigentlichen Erben wurden abgefunden. Erster kurmainzischer Schultheiß wurde der übernommene Jakob Weigand und ist als solcher bis 1589 bezeugt. 1600 lebte er noch, wird aber als krank und lahm bezeichnet.

Etwa ab 1590 war Georg Schenckeisen in Schwalbach im Amt, vorher war er erst in Weißkirchen und dann 1589 in Bommersheim Schultheiß gewesen. 1590 bestätigten er und die Schwalbacher Schöffen den Wert einiger Güter, die als Pfand für die Leibrente eines Geistlichen vorgesehen waren. Von 1593 an waren er, der Kurfürst, der Amtmann und einige Schwalbacher und Mammolshainer Einwohner an einem Rechtsstreit vor dem Reichskammergericht beteiligt, der neun Jahre dauern sollte. Franz von Kronberg hatte gegen sie alle geklagt, wieder ging es um Weiderechte und gepfändete Hammel. Streit mit den Kronbergern schien damals nicht selten gewesen zu sein, denn am 20. Mai 1595 traf sich der Kronberger Baumeister und Schultheiß, Magister Leonhard Dietrich, mit Schenckeisen auf der Wasserbrücke vor der Schwalbacher Burg, um im Beisein des Frankfurter Notars Isaak Lynnolff förmlich Protest zu erheben. Sechs Tage vorher machten nämlich Schwalbacher und Mammolshainer samt Jugend bewaffnet, trommelnd und schießend einen provozierenden Umgang vom Fronrode bis zum Kalkbronnen und verletzten dabei bewußt die ausgesteinte Grenze. 1598 heiratete Schenckeisen als Witwer im evangelischen Idstein eine Ursula, deren Nachname nicht bekannt ist. Seine Tochter Walburga aus erster Ehe heiratete 1607 ebenfalls in Idstein, und zwar den dortigen Kaplan Michael Spangenbergius.

Von 1600 bis 1604 war Hans Georg Reuter Schultheiß. Seine Tochter Walberta patete 1600 bei der Tochter des Altenhainers Hartmann Lauffer, er selbst beim Sohn des Neuenhainer Gerichtsschreibers Balthasar Queck, der die Schneidhainer Mühle erbaute und Stammvater der heute in vielen Orten im Taunus vorkommenden Familie Weck ist. Ob die dann später in Niederhöchstadt vorkommenden Reuter Nachkommen von Hans Georg Reuter sind, konnte noch nicht festgestellt werden.

Hans Kerkering, der aus Königstein stammte, ist von 1610 bis 1630 genannt. Mitglieder seiner Familie hatten auch die Schultheißenämter in Königstein und Schloßborn inne. 1620 findet man ihn in den Königsteiner Rentei-Rechnungen mit folgendem Beleg: "Zehrungskosten: 16 Gulden und 20 Albus hab ich (Anmerkung: der Rentmeister) Hansen Kerckeringen Schultheissen zu Schwalbach wieder gut gemacht, So er hin und wieder unterschiedlich verzehrt, wann Er durch den Herrn Oberambtman Kriegsvolck halber Kuntschaft einzuholen ausgeschickt worden." Seine Jahresbesoldung erfährt man in Rechnungen von 1620 bis 1624, es waren 12 Gulden. Ertragreicher scheint die Landwirtschaft gewesen zu sein, denn 1620 zahlte er für 2 Morgen Wiesen "in den Rohrwiesen" 14 Gulden, 13 Albus und 4 denarius (Pfennig) Wiesenzins, für die Zeit von 1624 bis 1626 fielen 4 Gulden, 14 Albus und 3 Pfennig Weingartenzins an.

1636 ließ der Schwalbacher Schultheiß Andreas Roth eine Tochter in Oberursel taufen. Dorthin war er wegen der Kriegswirren geflüchtet und es scheint, daß er und seine Familie dort geblieben sind, denn in Oberursel starb er später auch. Kein Mensch lebte damals mehr in Schwalbach.

Bei Ende des 30jährigen Krieges 1648 hieß der Schultheiß Hans Thomas Cornelius, er war Trauzeuge bei der Hochzeit eines Königsteiner Soldaten gewesen, der eine Niederhöchstädter Witwe geheiratet hatte und dann mit dieser nach Schwalbach gezogen war. Im Folgejahr starb des Schultheißen Frau Barbara im Alter von 40 Jahren. Er selbst scheint identisch zu sein mit der gleichnamigen Person, die von 1659 bis 1673 in Kalbach als Schultheiß genannt ist.

Der um 1619 in den Niederlanden geborene Karl Adrian Lilliers heiratete 1645 als Leutnant im Mandelsloher Regiment die Königsteiner Wirtstochter Elisabeth Walter, von 1646 bis 1673 war er Königsteiner Landhauptmann, von 1673 bis zu seinem Tod im Jahr 1679 auch Obristwachtmeister und Kommandant der Festung Königstein. Von 1659 bis 1671 ist er als Schultheiß von Schwalbach bezeugt. Dort hatte er seit 1662 ein Landgut von 100 Morgen Fläche, seit 1666 auch eines in Kalbach. Er dürfte in der im Krieg zerstörten und dann wiederaufgebauten Schwalbacher Burg gelebt haben, mußte diesen Wohnsitz dann wohl an die Keller des Freiherren Georg Philipp von Greiffenclau zu Vollrads abgeben, der von 1656 bis 1682 Amtmann von Königstein war. Dieser wurde 1668 gemeinsam mit seinem Bruder mit den herrschaftlichen Gütern in Schwalbach und Kalbach belehnt, weil ihre Familie auf diese Weise für Jahrzehnte nicht erhaltene Zinsen entschädigt werden sollte, nachdem ihr Onkel aus seinem Privatvermögen der Hofkammer 84.250 Gulden geliehen hatte. Die neuen Bewohner der Burg wurden die Greiffenklau' schen Keller, bis 1819 die Güter an die herzoglich nassauische Domäne übergingen.

Spätestens ab 1678 leitete mit dem Wirt und Bierbrauer Johann Weil wieder ein Einheimischer die Geschicke Schwalbachs. Er wurde um 1642 geboren und ist Stammvater aller Namensträger, die heute noch in Schwalbach und Zeilsheim leben. Er starb 1698.

Es folgte ihm im Amt bis 1705 der um 1653 geborene Johann Kreutzer. Er und sein Bruder Georg, der Schöffe in Schwalbach war, hatten nur Töchter und waren somit die letzten Namensträger ihrer Familie. Der Vater der beiden stammte aus dem Stift Würzburg und hatte eine Schwalbacher Witwe geheiratet. Es wird vermutet, daß das historische Rathaus um 1700 erbaut wurde, also in jener Zeit.

Johann Georg Löschhorn versah den Dienst von 1705 bis 1719 und starb 1722, zehn Monate nach seinen Amtsvorgänger Kreutzer. Seine aus Königstein stammende Familie hatte seit 1676 das Wirtshaus "Zum Roß" in Schwalbach, er selbst heiratete 1688 die Niederhöchstädter Schultheißentochter Anna Maria Schütz. Sein Vater starb 1689 als 100-Jähriger.

Von 1720 an bis zu seinem Tod im Jahr 1745, also für ein viertel Jahrhundert, hatte der 1677 geborene Johann Reul, der vorher noch Schöffe war, das Amt des Schultheißen und auch das des Zöllners inne. Seine Frau entstammte der Familie von Hain.

Als 1753 in Schwalbach mitten im Dorf auf dem Seibert'schen Platz eine neue Kirche gebaut werden sollte - die alte, die schon lange baufällig war und abgerissen wurde, stand außerhalb des Dorfes - herrschte Streit zwischen Pfarrer Nikolaus Conrads und dem Schultheißen Johann Georg Spiel. Der Bau der Kirche wurde ohne Wissen des Pfarrers etwas kleiner ausgeführt als geplant. Da Spiel nach dem Tod Reuls 1745 Schultheiß und auch Zöllner wurde, ist zu vermuten, daß diese gleichzeitige Ausübung der beiden Ämter auf mehrere Vorgänger und Nachfolger zutrifft. Wohl einen der höchsten Zölle nahm er wahrscheinlich 1749 ein, als 524 Malter Salz von der Sodener Saline durch Schwalbach transportiert wurden. Er selbst wurde 1697 in Schwalbach geboren, sein Vater stammte aus dem Örtchen Himmelsberg im Amt Amöneburg, das dafür bekannt ist, daß dort heute die größte Linde Deutschlands steht. Seine Mutter war ebenfalls eine von Hain. Er starb 1758 und hinterließ nur seine Frau, die Ehe war kinderlos geblieben.

Nachfolger war Adam Weil von 1754 bis zu seinem Tode im Jahre 1772. Auch er lag wegen des Kirchenbaus mit dem Pfarrer im Streit. Mit ihm trat nun ein zweites Mitglied der Familie das Amt an, Johann Weil war sein Urgroßvater gewesen. Im Familienbesitz war das Wirtshaus "Zum Schwanen" und gemeinsam mit der Familie Rudolf hatte man zeitweise auch das Wirtshaus "Zum Hirsch". Durch seine Hochzeit 1747 mit Maria Elisabeth Pleines verw. Löschhorn wurde er für einige Zeit auch Wirt "Zum Roß". Einige Jahrzehnte später, in der nassauischen Zeit, hätten ihm diese Umstände erhebliche Schwierigkeiten eingebracht, da der Schultheiß nicht gleichzeitig eine Wirtschaft betreiben sollte. Seine Familie mußte im Jahr nach seinem Tod kein Besthaupt (wörtlich: "bestes Stück Vieh", Bedeutung: Erbschaftssteuer) bezahlen, da die Schulden, die er hinterließ, höher waren als das Vermögen. In jener Steuerliste von 1773 werden noch zwei weitere verstorbene Schwalbacher Einwohner genannt, nämlich Johann Georg Pleines, dessen Familie nichts zu entrichten hatte, "weilen die Schulden das Vermögen absorbiren", und Nikolaus Spiel, bei dessen Vermögen von 195 fl. die Angehörigen 9 fl. 45 kr. abzugeben hatte, was 5 % entsprach.

Konrad Kreiner lebte von 1722 bis 1795 und ist für die Zeit von 1773 bis 1787 als Schultheiß bezeugt, vorher war er Schöffe gewesen. Seine Familie war seit Mitte des 17. Jahrhunderts im Ort ansässig und stammte ursprünglich aus Kronberg.

Ihm folgte der 1721 geborene und 1805 gestorbene Christian Scherer. Er wurde 1788 gewählt und war mindestens bis 1792 im Amt. In seine Amtszeit fiel der Bau des neuen vom kurmainzischen Baumeister Herigoyen entworfenen Schulhauses. Seine Ehefrau war eine Enkelin des Schultheißen Löschhorn.

Mit Beginn der Koalitionskriege 1792 wurde es immer schwerer, das Amt auszuüben. Wurde es vorher durch Tod oder schwere Krankheit beendet, so wechselten die Inhaber ohne einen dieser Gründe nun öfter. Einquartierungen, Beschlagnahmungen, Zerstörungen und Rekrutierungen der jüngeren Bewohner machten das Ausführen der eigentlichen Aufgaben schwierig. Erst durch Napoleons Ende 1815 mit der Schlacht bei Waterloo sollte wieder Ruhe einkehren.

1792 bis 1795 hieß der Schultheiß Johann Adam. 1794 kam es zu einem Zwischenfall, der ihm einige Gänge in die Amtsstadt Königstein bescherte. Der Wirt "Zur Krone" Johann Rudolf war mit einem bei ihm einquartierten österreichischen Husarenoffizier in Streit geraten und es kam zu einem Handgemenge. Der Offizier forderte Genugtuung, doch die Entscheidung darüber hing von höherer Stelle ab. Es vergingen Monate, in denen geklärt werden sollte, welche Strafe der Wirt erhalten sollte. Von Zuchthausstrafe in Mainz war die Rede, aber auch von im heimatlichen Schwalbach verabreichten Tracht Schlägen, letztere wurde schließlich verabreicht. Ende 1794 wurden dem Schultheiß von Oberamt zwei Geldstrafen auferlegt, einmal 3 Reichstaler wegen Subordination-widrigen Betragens und zum anderen ebenfalls 3 Reichstaler wegen zwei eigenmächtig vorgenommener Versteigerungen. Diese 6 Reichstaler entsprachen 9 Gulden.

Johann Heinrich Lorenz war 1794 noch Schöffe und als solcher an den Vergehen seines Vorgängers beteiligt, so daß auch er bestraft wurde. Die Obrigkeit jedoch schien es ihm nicht übel genommen zu haben, denn ab 1795 bis mindestens 1800 war er im Amt des Schultheißen.

Ihm folgte bis 1804 der schon genannte Wirt Johann Rudolf (siehe auch "Heimat & Geschichte" Ausgabe 2). Über ihn hatte es Beschwerden gegeben, weil er gleichzeitig auch Wirt war. Obwohl inzwischen sein Schwager Jakob Schichtel die Wirtschaft betrieb, nahm der Streit kein Ende und Johann Rudolf legte sein Amt nieder. In seine Amtszeit fiel 1803 die Auflösung des kurmainzischen Staates, Schwalbach wurde nassauisch. Zweimal war er verheiratet, die erste Ehe mit einer Zeilsheimerin blieb kinderlos, mit der zweiten Frau, die aus Sindlingen stammte, hatte er einen Sohn. 1816 ertrank er im Brunnen seines Hauses.

An seiner Stelle wurde mit 50 Stimmen sein Cousin Adam Rudolf gewählt, seine Kontrahenten Johann Scherer, Peter Scherer und Johann Herberth erhielten zusammen nur 11 Stimmen. Als Verbündeter Napoleons hatte Nassau nun Truppen zu stellen und es gab Musterungen auch in Schwalbach. Der Sohn des Schultheißen hatte das Glück, vom Militärdienst freigestellt zu sein. Wegen Streit mit seinem Vorgänger Johann Rudolf, dem Greiffenclau'schen Keller Franz Krauss und der Gemeinde wegen einer aus Hannover zugezogenen Familie wollte Adam Rudolf 1808 aus seinem Amt entlassen werden, doch die nassauische Regierung kam seinem Wunsch nicht nach. Ein zweiter Entlassungswunsch folgte im Dezember 1812, dabei beklagte er, daß die Papierarbeit in seiner Amtszeit um ein Vielfaches angestiegen sei - der Verbrauch seiner Vorgänger sei drei Buch Papier gewesen, seiner inzwischen 33 Buch - und er mit dem Bürgermeister Johann Herberth nicht zurecht käme. Zudem forderte er, daß ihm wegen der Kriegsjahre seine Dienstzeit doppelt vergütet werden und sein Sohn weiterhin vom Militärdienst befreit sein sollte. Das herzogliche Amt hielt niemanden in Schwalbach für befähigt, Rudolf zu ersetzen, dennoch kam es im Februar 1813 zu Neuwahlen.

Obwohl Konrad Scherer mit 59 Stimmen ein besseres Ergebnis hatte als Martin Lorenz mit 52 Stimmen, entschied sich das herzogliche Amt für letzteren. Zwei weitere Kandidaten, die bei der Wahl schlechter abgeschnitten hatten, wurden nicht in Betracht gezogen, da sie ihre Wirtschaften nicht aufgeben wollten. Das Amt war Lorenz nicht unbekannt, denn er war 16 Jahre alt, als sein Vater Johann Heinrich es 1795 übernommen hatte. Verheiratet war er mit einer Scherer und er lebte noch bis 1836. Bald nach Beginn seiner Amtszeit forderte eine Epidemie in Schwalbach viele Todesopfer wie in vielen anderen Orten des heutigen Hessens auch. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig schleppten die sich auf dem Rückzug befindlichen Franzosen den Flecktyphus ein, an dem im Winter 1813/14 viele Einwohner starben.

Etwa ab den 1820er Jahren hatte Johann Hemmerle als letzter das Schultheißenamt in Schwalbach inne. Sein Vater war der Wirt "Zum Hirsch" gewesen, das Wirtshaus wurde aber seit 1799, als seine ältere Schwester den Kellerssohn Joseph Franz Krauss geheiratet hatte, von diesem geführt, später nach dessen Tod durch dessen Bruder Bernhard Krauss, dem ehemaligen Greiffenclau'schen Keller. Hemmerle wurde 1790 geboren, war zweimal verheiratet, erst mit der Sindlinger Schultheißentochter Magdalena Westenberger, dann mit Barbara Heislitz aus Marxheim. In seine Amtszeit fiel 1831 die Anschaffung der ersten Schwalbacher Feuerspritze, die gemeinsam mit Mammolshain unterhalten und in einem Schuppen neben dem Rathaus untergebracht wurde. Im Falle eines Feuers unterstand ihm die Kontrolle über die Löscharbeiten. 1835 wurde die Schule in der heutigen Schulstraße gebaut. Als 1839 auf einem Feld der römische Viergötterstein entdeckt wurde, ließ er ihn nach Wiesbaden ins Museum überführen. Eine Kopie dieses Heiligtums steht in der Nähe des Waldfriedhofes und der Kleingartenanlage, im Juni 2007 wurde die Umgebung dort neugestaltet. 1847 geriet Hemmerle in den Streit zwischen Pfarrer Theodor Jakob Verflassen und Bernhard Krauss, weil letzterer in der Kirche den Greiffenclau'schen Stuhl für sich und seine Familie beanspruchte. Dann kam das eingangs erwähnte Revolutionsjahr 1848 und seine Amtszeit endete. Er selbst lebte noch sieben Jahre und starb im Alter von 65 Jahren. Sein Urenkel Julius Hemmerle war bisher der letzte gebürtige Schwalbacher, der zum Bürgermeister gewählt wurde.

Aus:
Heimat & Geschichte Schwalbach am Taunus
Ausgabe 4 - Februar 2008