Vor 50 Jahren fiel die Schwalbacher Burg dem Abrißhammer zum Opfer
Bauliches Denkmal verschwand auf "Nimmer- Wiedersehen"

Von Peter Lorenz

Vor fünfzig Jahren, im Verlauf des Jahres 1960, fiel die Schwalbacher Burg dem Abrißhammer zum Opfer. Das einst herrschaftliche Haus war zuletzt in einem  baufälligen, beklagenswerten Zustand. Obwohl der Landeskonservator das historische Gebäude als 'sehr wertvoll' beurteilte, war niemand bereit, das Objekt zu sanieren, noch zu restaurieren. Weder das Land Hessen, noch der Main-Taunus-Kreis oder die Gemeinde Schwalbach verfügten über die notwendigen Mittel, das Relikt aus vergangener Zeit zu erhalten. Auch war der Zeitgeist vor fünfzig Jahren von der Aufbauphase des Wirtschaftswunders geprägt, in der jungen Republik boomte es, da waren Erhaltung und Denkmalschutz von historischen Gebäuden nur wenig gefragt.
Nr. 4 - Schwalbacher Burg, Zeichnung von C. Th. Reiffenstein, 1838-a

Der Niedergang der Schwalbacher Burg war zu diesem Zeitpunkt schon dreißig Jahre früher besiegelt worden.  Als Verwaltergebäude einer landwirtschaftlichen Domäne hatte das Anwesen ausgedient, weil der letzte Pächter auf dem Gut den Betrieb 1930 einstellte. Das Domänenland war heiß begehrt. Die ortsansässigen Landwirte wollten zusätzliches Acker- und Weideland zu ihren Höfen in Pacht nehmen. Im Süden des Ortes entstand auf Domänenland ein Flugplatz für militärische Zwecke. Eine Nebenerwerbssiedlung für Heimatvertriebene aus dem Osten baute man Anfang der 50er Jahre auf Domänenland. Die Schwalbacher Wohnstadt Limes wäre ohne Domänenland nicht entstanden. Noch vor Abriß der Burg waren 1959 die Weichen für den Bau der 'Modellstadt im Grünen' auf Schwalbacher Gemarkung gestellt worden. Nr. 1 -Schwalbacher Burg, vor ihrem Abriss 1960., Archiv pelo

Auch hatte die Bombardierung während der Luftangriffe der Alliierten im II. Weltkrieg am Burggebäude starke Schäden hinterlassen. Notgedrungen waren nach Kriegsschluß Heimatvertriebene und Flüchtlinge in der Bauruine untergeschlüpft.  Das Ende besorgte später die Abrißkolonne. Ein bauliches Denkmal verschwand in Schwalbach auf nicht- mehr-Wiedersehen. An die Burg erinnert heute eine Bronzetafel, die der Verschönerungsverein auf einer kleinen Stele vor dem Feuerwehrhaus, an der eigens so bezeichneten Burgstraße, angebracht hat.

Auf dem ehemaligen Domänengut  war vor fünf Jahrzehnten der Baustoff-Fachhandel der Gebrüder Moos entstanden. Dort kann auf dem Firmengelände derweil eine Nachbildung der Schwalbacher Burg in Augenschein genommen werden. Die Schwalbacher Modellflieger bauten dieses Modell als Beitrag zuNr. 2 - Burg Schwalbach. Erinnerungstafel. Foto pelo-am Festzug der 1200-Jahr-Feier im Jahre 1981.

Der Chronist weiß zu berichten: "Auf einer Kellertür der Burg war die Jahreszahl 1538 eingeritzt, doch im Kern stammte das Gebäude aus dem Mittelalter. Nach den Recherchen des Stadtarchivs wurde die Schwalbacher Burg 1345 erstmals erwähnt. Sie war der Sitz der Ritterfamilie derer von Schwalbach. Ein 1452 geschlossener Burgfrieden bezeugt das Vorhandensein eines Burgwalls. Im 17. Jahrhundert hatte der kurfürstlich-mainzerische Schultheiß seine Wohnung in der Burg, die Burg selbst war  seit 1669  im Besitz der Herren von Greiffenclau. Seit 1819 gehörte das Burggebäude zum herzoglich-nassauischen Domänengut und wurde

Bilder: Peter Lorenz:
- Schwalbacher Burg vor dem Abriß
-Erinnerungstafel des Verschönerungsvereins vor dem Feuerwehrhaus

Dazu der Bericht der FR:

Relikt der Vergangenheit
Schwalbach: Main-Taunus-Jahrbuch erinnert an die Burg

Während die Stadt ihr 50-jährige Bestehen feierte und sich die Hans-Bernhard-Reichow-Gesellschaft gründete, um das Erbe ihres Architekten zu bewahren, wäre die Schwalbacher Burg, die an Ort und Stelle jahrhundertelang stand, beinahe in Vergessenheit geraten.

Wenn nicht das jetzt erschienene Main-Taunus-Jahrbuch von dem Relikt berichten würde. In der mehr als 1200-jährigen Ortsgeschichte nehme die Schwalbacher Burg ein langes Kapitel von 700 Jahren ein, schreibt Autor Peter Lorenz. 1960 fiel das einst herrschaftliche Haus der Abrißbirne zum Opfer. Denn obwohl das historische Gebäude laut Lorenz als „sehr wertvoll" beurteilt wurde, war niemand bereit, das Objekt zu sanieren.

Am Schluß war es - auch durch Kriegsschäden - bis zur Baufälligkeit heruntergekommen. Weder der Kreis, noch das Land, noch die Stadt verfügten über die nötigen Mittel. Auch sei der Zeitgeist von Aufbau und Wirtschaftswunder geprägt gewesen, so Lorenz.

Bereits 30 Jahre zuvor hatte der letzte Pächter die Burg, die zuletzt als Verwaltungsgebäude einer landwirtschaftlichen Domäne fungierte, verlassen. Nach dem Krieg kamen Flüchtlinge unter. Noch vor Abriß der Burg im Jahr 1959 seien die Weichen für den Bau der Limesstadt gestellt worden, schreibt Lorenz.

Sitz des Schultheißen

Die Schwalbacher Burg war ursprünglich als Herrschaftssitz der Ritter von Schwalbach erbaut worden. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Burg im Jahre 1345. Ihr Standort unmittelbar vor dem Zusammenfluß von Waldbach und Sauerbornsbach läßt laut Lorenz an einen Ursprung als Wasserburg denken. Auch die Befestigung des Gebäudes, das direkt am Handelsweg von Frankfurt nach Köln lag, und die Tatsache, daß es zeitweise zwei Lehensherren für das Bollwerk gab, sprechen für seine Bedeutung. Im Laufe der Jahre wechselten mehrfach die Besitzer, auch diente die Burg zeitweise als Sitz des Schultheißen.

Ein Modell der Anlage kann auf dem Betriebsgelände des Baustoff-Fachhandels Moos besichtigt werden. Eine Bronzetafel vor dem Feuerwehrhaus an der Burgstraße erinnert an den früheren Standort der Burg. Cho

Frankfurter Rundschau - 19.1.11 - mit freundlicher Erlaubnis der FR