Eppsteiner Stadtarchivar rekonstruiert „Sonntag des Grauens"
Erstmals erscheinen Erinnerungen zweier Bremthaler an den Bombenangriff auf einen Zug im Jahr 1944

Mit Schrecken erinnern sich ältere Eppsteiner an den Luftangriff auf einen Personenzug bei Bremthal vor fast 63 Jahren. Stadtarchivar Bertold Picard schildert die Ereignisse jenes Tages im Jahrbuch 2007 des Main-Taunus-Kreises.

Eppstein - Die ersten Bomben verfehlten ihr Ziel. Trotzdem stoppte der Lokomotivführer des angegriffenen Zuges die Maschine und brachte die Waggons zum Stehen, etwa dort, wo heute der Haltepunkt Bremthal liegt. Einige Passagiere flüchteten ins Freie, suchten Schutz unter Büschen und Bäumen. Kurze Zeit darauf kehrten die amerikanischen Jagdbomber zurück und beschossen abermals den Zug und alles, was sich in seiner Umgebung bewegte.

Den Helfern, die an jenem 8. Oktober an die Gleise eilten, bot sich ein erschütterndes Bild. Inmitten von „Blutlachen, Schmerzensschreien und Hilferufen" stießen sie auf „die Verletzten, Sterbenden und Toten", schreibt Bertold Picard in seinem Jahrbuch-Beitrag mit dem Titel „Sonntag des Grauens". Unter den Helfern waren auch die beiden Bremthaler Josef Ickstadt und Edmund Kordey. Deren Erinnerungen sind in dem Beitrag erstmals abgedruckt.

Beide Männer besuchten an jenem Sonntag den Gottesdienst in der Kirche St. Margareta. Kurz nach Beginn der Predigt riefen „Motorendröhnen tief kreisender Flugzeuge, Bombenexplosionen und Maschinengewehrfeuer eine Panik unter den Gläubigen hervor". Einige von ihnen, darunter Ickstadt und Kordey, rannten hinunter ins Tal. Auf ihrem Weg konnten sie gerade noch zwei davonfliegende Lightnings sehen. Von der Bahnlinie her waren verzweifelte Schreie zu hören. „Vom Entsetzen gezeichnete, teils verwundete Menschen hasteten an ihnen vorbei ins rettende Dorf, gibt Picard die Erinnerungen der beiden Bremthaler wieder.

 

Zahl der Opfer ist unbekannt

Wie viele Menschen in dem in Richtung Limburg fahrenden Zug gesessen hatten, ist wohl nicht bekannt. Und auch die Angaben über die Zahl der Toten schwanken zwischen 26 und 50. Ein Merkzettel im Bremthaler Sterbebuch nennt außerdem die Zahl von 68 Verwundeten. Militärisch hatte der Personenzug keine Bedeutung. Später stellte sich heraus, dass der Angriff in Zusammenhang mit dem ungefähr gleichzeitigen Bombardement des Bahnhofs Niedernhausen durch Jagdbomber der 9. US-Air-Force gestanden hatte. Picard berichtet, dass die

Alliierten seit September 1944 vermehrt Tagesangriffe auch auf die Zivilbevölkerung geflogen hätten, um sich „in dem erbarmungslosen Krieg durchsetzen" zu können und die Moral der Bevölkerung zu schwächen. Dabei hätten sie „unverhältnismäßig hohe Zivilopfer" in Kauf genommen.

Von den Opfern des Luftangriffes auf den Personenzug sind nur drei auf dem Bremthaler Friedhof bestattet. Drei ähnlich aussehende helle Steinkreuze erinnern an die gewaltsam zu Tode Gekommenen. Mit einer Gedenktafel, die schon bald einen Platz auf dem Friedhof finden soll, beabsichtigt die Stadt Eppstein, mahnend an das grauenvolle Ereignis des 8. Oktober zu erinnern. wy

Das Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises 2007 ist für fünf Euro in allen Rathäusern und Verwaltungsstellen des Kreises erhältlich.

Frankfurter Rundschau - 30.1.07 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

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