Archäologie aus der S-Bahn
In den 80er Jahren wurde in Niederhöchstadt Reste eines römischen Anwesens entdeckt. Erst jetzt sind die dortigen Funde im Stadtmuseum zu sehen.

Eschborn. Es war, wie so oft bei archäologischen Funden, ein Zufall. Ein Fahrgast, der sich für solche Dinge interessiert, sah neben der Bahnstrecke nach Kronberg Brocken von Ziegelsteinen auf einem Acker in Niederhöchstadt liegen. In einer freien Stunde spazierte er hin und erkannte, daß es sich um Reste aus der Römerzeit handeln mußte. Er informierte das Stadtmuseum, dieses wiederum das Landesamt für Denkmalpflege, das dann auch Grabungen veranlaßte.

Stark befahren

Gefunden wurden Reste von Fundamenten eines annähernd rechteckigen Anwesens, 54 Meter lang und 50 Meter breit, an einer Schmalseite von vier Gebäuden begrenzt. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein weiteres Gebäude, die Fundamente der Umfassungsmauer sind nur abschnittsweise erhalten. In etwa 30 Meter Entfernung entdeckten die Archäologen außerdem Reste einer römischen Straße. Diese muß stark befahren gewesen sein, wie viele Wagenspuren beweisen.

Um was für ein Gebäude handelt es sich? Der Grundriß entspricht überhaupt nicht den in der Region üblichen Gutshöfen, die zur Versorgung der römischen Truppen angelegt worden waren. Eines der Gebäude wird von den Archäologen für einen Speicher gehalten, dazu paßt ein großes, 13 Kilo schweres Gewicht aus Sandstein. “Damit müssen größere Mengen abgewogen worden sein”, kommentiert Eschborns Stadtarchivar Gerhard Raiss.

Man geht daher davon aus, daß diese römische Station etwas mit der Sammlung, Registrierung und Weitergabe von Versorgungsgütern für die Legionäre zu tun hatte. Das Speichergebäude wird dabei als Getreidespeicher verstanden. Dazu paßt auch die Lage an der Straße von der wichtigen römischen Ansiedlung Nida beim heutigen Heddernheim zu den militärischen Stützpunkten im Taunus. Der große Hof bot auch Platz genug, um mit Pferden und Wagen sowie größeren Ladungen von Getreide oder Holz zu hantieren. Es handele sich um einen der wenigen Funde dieser Art in Hessen, so die damalige Grabungsleiterin Gabriele Seitz.

Die Archäologin arbeitet inzwischen an der Universität Freiburg und konnte die Auswertung der Eschborner Funde nur nebenher erledigen; auch deshalb dauerte es so lange, bis die Stücke im Stadtmuseum ausgestellt werden konnten. Viel ist ohnehin nicht übrig geblieben; die Fundstelle ist über Jahrhunderte landwirtschaftlich genutzt worden, dabei wurden die dicht unter der Oberfläche liegenden baulichen Reste immer weiter zerstört.

Auch die kleineren Funde zwischen den Fundamenten sagen über die Station nicht übermäßig viel aus; der Gewichtsstein ist da noch das bedeutendste Stück. Einige Münzen, Kleiderspangen und Keramikscherben erlauben es, die Anlage auf das späte 2. Jahrhundert zu datieren; man geht davon aus, daß es bis Mitte des 3. Jahrhunderts bestand. Es handelt sich demnach um einen Fund aus der Spätphase der römischen Besetzung. Auch diese Stücke werden im Museum gezeigt.

Wo wurde gewohnt?

Eine Schlußfolgerung läßt Stadtarchivar Raiss so recht keine Ruhe. Das Personal dieser Station muß irgendwo gewohnt haben. So ist fest davon auszugehen, daß es auch eine römische Siedlung gegeben haben muß. Die im Nordosten Eschborns gefundenen Gebäudereste alleine können dies nicht gewesen sein. Auch Gräber sind bislang nicht angetroffen worden. Vielleicht wurden diese längst durch später errichtete Gebäude vernichtet, vielleicht wartet aber noch ein bedeutenderer Fund auf die Archäologen.

Höchster Kreisblatt - 9.9.09 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

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