Manfred Rossa mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
Manfred Rossa hat einen Friedhof restauriert und ein Festival mitbegründet. Für seine Verdienste um die polnisch-deutschen Beziehungen bekommt der Eschborner Tierfreund heute das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Von Juliane Schneider

Eschborn. Die Regale biegen sich unter der Last der Bücher, auf den Schreibtischen liegen Zettel und Hefte. "Ich bin Informations-Messi", lacht Manfred Rossa. "Bei allem denke ich, ich könnte das vielleicht noch brauchen." Irgendwann nämlich möchte er die Geschichte Oberschlesiens zu Papier bringen, seiner Heimat, in der er sechs Jahre seiner Kindheit verbrachte, bevor er 1945 mit seiner Mutter in den Westen flüchtete. "Einen Tag vor dem Einmarsch der Roten Armee." Gerade noch früh genug.

Die daheimgebliebenen Frauen habe ein schlimmes Schicksal ereilt. "Das anzusehen hätte ich wohl nicht verkraftet." Die Erinnerung an die letzten Kriegstage hat er bereits zu Papier gebracht. Auch ehemaligen Klassenkameraden von der Frankfurter Liebigschule hatte der studierte Diplomkaufmann motivieren können, ihre ganz persönlichen Geschichten aufzuschreiben. Daraus war 2005 das Werk "Mein Kriegsende" entstanden, 1400 Exemplare seien verkauft worden, so Rossa.

2011 war der Nachfolgeband "Wir Nachkriegskinder" erschienen. "Wir sind ja die letzten Zeitzeugen", sagt der 73-Jährige. "Da fühle ich mich verpflichtet, zu berichten."

Bücherschreiben ist nur ein Standbein des aktiven Ruheständlers. Seit drei Jahrzehnten schon setzt er sich für die alte Heimat ein. Nach dem Mauerfall war er 1991 zum ersten Mal nach Dammratsch zurückgekehrt, hatte Verwandte und auch die alte Taufkirche im Nachbarort besucht. Ein Gemälde der roten Backsteingebäude ziert jetzt sein Büro. Das erinnert an die alte Heimat, genau wie das schwarz-weiß Familienbild mit der Mutter, die klein und keck neben den Brüdern steht.

Antisemitische Welle

In der Nähe seines Geburtsorts hat er irgendwann den alten Judenfriedhof wiederentdeckt und restauriert. 1968 habe es in ein Polen eine antisemitische Welle gegeben, erzählt er, da seien die Grabsteine umgeworfen worden. 50 stehen inzwischen wieder. "Zuletzt haben wir die Kindergräber entdeckt." Die Grabungen habe seine dortige Verwandtschaft organisiert. Er selbst habe sich in Frankfurt bei jüdischen Institutionen erkundigt, was zu beachten sei. "Für Juden ist das ja ein heiliger Ort", sagt er, "die Grabsteine sollten aufrecht stehen, damit der Messias bei seiner Wiederkehr die Namen lesen kann."

Die Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden habe gut geklappt. "Ich stehe ja auch dazu, was wir Deutschen Schlimmes gemacht haben." Auf dieser Basis könne man gut miteinander reden. Überhaupt habe sich unglaublich viel getan seit den Nachkriegstagen, als alles Deutsche verpönt war. Die deutsch-hebräischen Inschriften der Steine hat er schriftlich aufgelistet, genauso wie die alten Götterskulpturen im idyllischen Barockpark des nahegelegenen Carlsruhe (Pokój), der ehemaligen Residenz des Herzogs von Württemberg. Auf eigene Kosten habe er viele der bröckeligen Sockel restaurieren lassen.

Ehrenbürger von Oppeln

In dem großen Park muß auch Carl Maria von Weber einst lustgewandelt sein, der am Schloß ab 1806 ein Jahr lang Hofdirigent gewesen sei. Auch über ihn hat Rossa ein – selbst aufgelegtes – Buch geschrieben und zu seinen Ehren 2004 das Carl-Maria-von-Weber-Festival mitbegründet, das seitdem jährlich in den alten Gemäuern der Rokokokirche stattfindet. Ein Programmheft zeigt Chöre und Musiker, auf einem ist Ferdinand Herzog von Württemberg zu sehen. "Der kommt jedes Jahr dorthin und wurde bereits zum Ehrenbürger von Oppeln ernannt." Genau wie Rossa selbst vor drei Jahren, als die Kreisstadt ihr 700-jähriges Bestehen feierte.

Aber auch hier in Deutschland weiß man das Engagement des Eschborners zu schätzen. So wird ihm heute im Darmstädter Regierungspräsidium das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Zu der Feierlichkeit haben sogar der Herzog und auch Christian Freiherr von Weber, ein Nachfahre des Komponisten, ihr Kommen angekündigt.

Hilfe für Tiere

Auch Ehefrau Ursula freut sich schon. Mit ihr macht sich Rossa seit Jahren für den Tierschutz stark. Nach Oppeln haben sie Futter geliefert und das dortige alte Tierheim teilrestauriert. Auch in Eschborn kümmern sie sich um herrenlose Tiere, haben den Verein "Anima. Hilfe für Tiere" gegründet. "In meinem Büro sind die Katzen einquartiert, die unvermittelbar sind, weil sie sich nicht streicheln lassen", sagt er. Zurzeit ist das nur noch "Naseweis". Von einem der drei riesigen Kratzbäume schaut die getigerte Katze still auf Manfred Rossa nieder. "An mich hat sie sich doch noch gewöhnt", lacht er.

Höchster Kreisblatt - 13.3.12 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

Die Historische Gesellschaft Eschborn e.V. gratuliert ihrem Mitglied Manfred Rossa mit großer Freude zu dieser hohen Ehre.

Auch der Weberiana widmet sich Manfred Rossa! Mehr...