Der Retter der Götterstatuen
Eschborn: Manfred Rossa wurde geehrt für seinen Einsatz um Polens Kulturerbe

Von Oliver Heil

Manfred Rossa saust auf seinem Bürostuhl herum und holt ein Dokument nach dem anderen heran. Aus der einen Ecke Flyer für Bücher, die er herausgegeben hat, aus der anderen Ecke Artikel zu Veranstaltungen, die er auf die Beine gestellt hat. Vom einen Stapel das Magazin Oberschlesien, Ausgabe 14/2011 zu 5,90 Zloty, vom anderen Stapel die Ausgabe 25 der Eichendorff-Hefte zu Geschichte, Kultur und Literatur Schlesiens.

Er engagiert sich seit den 1990er Jahren für den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Polen. Dafür hat er vor kurzem das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten. Es war eine Feierstunde, bei der sich Regierungspräsident Johannes Baron vom Engagement Rossas besonders gerührt zeigte. Barons Familie stammt aus einem Ort in der Nähe von Carlsruhe, auf polnisch Pokoj.

Die Gegend um die ehemalige Herzogsresidenz Carlsruhe ist die Ecke der Welt, aus der das sechsjährige Kind Manfred Rossa 1945 mit seiner Familie in der offenen Kutsche flieht, bei minus 25 Grad über das Riesengebirge. Es ist die Ecke der Welt, in der der Rentner Manfred Rossa in den letzten 20 Jahren für Wirbel gesorgt hat, um deren kulturelles Erbe er sich große Verdienste erworben hat.

Durch den barocken Park von Carlsruhe flanierte einst Carl Maria von Weber

„Jede Woche denke ich an meine drei Wunder und sage mir, viel mehr kann man nicht erreichen im Leben", erzählt der 73-Jährige Eschborner und ist für einen kurzen Augenblick ganz in sich gekehrt. „Ich habe einen jüdischen Friedhof vor dem Vergessen gerettet, einen barocken Schloßpark wieder hergestellt und ein klassisches Musik-Festival begründet."

Natürlich hätte er das alles nicht hinbekommen ohne seine polnischen Verwandten und ohne viele Helfer aus beiden Ländern, die verstanden, warum Manfred Rossa ihnen so beharrlich auf die Nerven ging mit seiner Begeisterung für Carlsruhes Vergangenheit.

„Ein paar Jahre lang bin ich immer nur früh im Frühjahr und spät im Herbst hingefahren, bin durchs Gebüsch und habe nach Resten gesucht." Nach den Resten des jüdischen Friedhofs hat er gesucht und nach den fünf Götterstatuen. Die standen einst im Schloßpark, wurden unter kommunistischer Herrschaft absichtlich vergessen - so wie der Park mit seinem französischen und seinem englischen Garten. Manfred Rossa hat die Statuen im Laufe der Zeit alle gefunden.

Durch den barocken Park, in dem heute wieder die Carlsruher spazieren, flanierte im Herbst 1806 Carl Maria von Weber. Im Schloß des Herzogs Eugen von Württemberg, das verschwunden ist, komponierte er seine beiden Sinfonien.

An Webers Zeit als Hofkapellmeister erinnern und dabei Geld für die Restaurierung des Parks einspielen: Das war der Plan, als 2004 in Carlsruhe erstmals das Weberfestival mit hochklassigen Orchestern und Solisten ausgerichtet wurde.

Der groß gewachsene Herr Rossa sitzt oft tief bis in die Nacht in seinem Büro, fast immer mit einer Zigarette in der Hand, und arbeitet. Meist an Artikeln zu Geschichte und Gegenwart Schlesiens. Das Büro teilt sich Rossa mit der zwanzig Jahre alten Katze Naseweis, die sich früher nicht berühren lassen wollte und heute heftig maunzend um Aufmerksamkeit buhlt. Rossa und seine Frau Ursula engagieren sich im Tierschutz. Neun Hunde wohnen im Moment bei ihnen, die meisten warten auf Vermittlung.

Mit Hilfe für Tiere begannen sie auch 1998 die Unterstützung für Oberschlesien. „Tiere haben keine Nation und keine Ideologie, so konnten wir zeigen, daß wir nichts haben wollten, sondern etwas geben." Das war damals entscheidend.

Heute ist es anders. Gerade die jüngere Generation sei interessiert am deutschen Kapitel der Geschichte Schlesiens. Zu einem nicht geringen Teil liegt das an Manfred Rossa.

Frankfurter Rundschau - 27.3.12 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Wir dürfen als Historische Gesellschaft Eschborn wie als Bürger dieser Stadt stolz sein auf einen Mann wie Manfred Rossa. Er leistet wirklich viel für die Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen. Und dieser Part der Völkerverständigung ist genau so wichtig wie der mit Frankreich. Ganz herzlichen Dank an Manfred Rossa.