Das Schmuckstück hielt einst die Frauentracht in Falten
Vergoldetes Silberpferdchen ist eines der schönsten Fundstücke des alamannischen Gräberfelds bei Eschborn

ESCHBORN. Massives Silber mit flächiger Vergoldung galt auch vor rund 1500 Jahren als bedeutender Wert. Die Pferdefibel aus Edelmetall hielt wahrscheinlich so lange ein Frauengewand in züchtigen Falten, bis die Trägerin das praktische Schmuckstück verlegte oder verlor. „Da wird die Tochter oder Mutter was zu hören bekommen haben", mutmaßt Gerhard Raiss, Museumsleiter und Stadtarchivar in Eschborn. Die Aushub- und Planierarbeiten für des Neubaugebiet am verlängerten Dörnweg förderten das Pferdchen 1993 wieder zu Tage. Der Mainzer Archäologe Hermann Ament ging der Geschichte des Fundes auf den Grund und veröffentlichte seine Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Festschrift.

Das Goldschmiedestück mit dem damals modischen Pferdemotiv entstammt dem alamannischen Kulturkreis, der in der zweiten Hälfte des fünften bis Beginn des sechsten Jahrhunderts im Rhein-Main-Gebiet siedelte. Das gedrungene Pferdchen war auf der Rückseite mit einer Nadel versehen, um es an der Kleidung zu befestigen. Als eine solche Gewandspange, Fibel genannt, funktionierte es laut Raiss „wie eine Sicherheitsnadel, die besonders verziert war". Knöpfe kannte die alamannische Tracht noch nicht.

Die günstigen Siedlungsbedingungen der leichten Anhöhe nördlich von Eschborn hatten schon unterschiedliche Gemeinschaften genutzt, als das kleine Stück Kultur in der Natur verloren ging. Beim Überflug des Geländes 1990 fielen zwei rechteckige Strukturen auf, Gebäudefundamente aus römischer Zeit, wie sich herausstellte. Etwa 250 Meter östlich davon lag ein alamannisches Gräberfeld, dessen Reste bereits 1983 entdeckt wurden. Der Westerbach als Wasserversorgung und die sonnige Lage hätten wohl immer wieder Menschen veranlaßt, hier ihre Zelte aufzuschlagen, erklärt sich Raiss die Häufung historischer Zeugnisse. Auch haben die Alamannen von der Infrastruktur der Römer profitiert. Als die ihr militärisches Hinterland verließen, war dies mit Straßen, Brücken, Brunnen und Feldern erschlossen. In der Nähe der römischen Siedlungsreste entdeckte ein Eschborner neben Keramik- und anderen Metallfunden die historische Gewandspange.

Laut Ament stammt die Pferdchenfibel „aus dem Besitz desselben Personenkreises, der seine Toten auf jenem Gräberfeld östlich der Steinbacher Straße beigesetzt hat". Daß sie als Grabbeigabe in den Boden gelangte, gilt aufgrund des Fundortes als unwahrscheinlich. Sie müßte mehr als 200 Meter weit bewegt worden sein. Dennoch ergänzt sie die Sammlung aus dem Gräberfeld im Eschborner Museum als „besonders schönes Stück, das auSchmuckstück Eschborn ch uns heute noch gefallen könnte", wie Raiss sagt.

Sinn für die Schönheit eines Alltagsgegenstands verrät diese Spange aus dem fünften Jahrhundert. Das vergoldete Pferdchen hielt einst eine alamannische Frauentracht beisammen. Ein Eschborner fand das Schmuckstück 1993 auf der Baustelle am Dörnweg.

Frankfurter Rundschau - 9.1.01- mit freundlicher Erlaubnis der FR