Spurensuche im Frost

Ein Geophysiker «stöbert» auf dem künftigen Notfallzentrum-Gelände nach Bodenfunden.

Eschborn. Eine merkwürdige Apparatur ist’s, die der Mann mit der Mütze da um seine Schultern trägt. Röhren- und stangenartige Gebilde sowie Riemen und Kabel fügen zu sich zu einem seltsamen Konstrukt zusammen. Verpackt in eine Wolljacke und ausgestattet mit Gummistiefeln schreitet der Mann entlang der Landesstraße 3006 übers Feld. Systematisch begeht er einen Acker und achtet streng darauf, keinen Quadratmeter auszulassen. Jedes Stück Grund und Boden zählt: Der Geophysiker Richard Vogt untersucht den mit Frost überzogenen Baugrund. Er ist von der Firma Geophysik Rhein-Main aus Frankfurt-Höchst. Unterstützt wird er von dem promovierten Archäologen Dominik Meyer.

In die Erde gucken

Im Auftrag der Stadtverwaltung hält der Fachmann Ausschau nach archäologischen Fundstücken. Mit ihnen ist auf dem Gelände an der Oberurseler Straße, dem künftigen Standort des Notfallszentrums für Feuerwehr und ASB, zu rechnen. Denn in unmittelbarer Nähe, dicht beim Eschborner Friedhof, wurden vor einigen Jahren 50 Gräber aus der Alamannenzeit (4./5. Jahrhundert) und die Überreste einer römischen Siedlung entdeckt und ausgegraben, weiß Stadtarchivar Gerhard Raiß. Die Funde sind im Eschborner Stadtmuseum zu sehen. Sie sind so kostbar, daß sie bereits an renommierte Museen, zum Beispiel in Österreich, in der Schweiz und in Berlin, ausgeliehen wurden.

Worum handelt es sich aber nun bei der seltsam anmutenden Apparatur? Um eine Sonde. Geophysikalische Prospektion sei die offizielle Bezeichnung dieser Tätigkeit, klären die Beteiligten auf: Mittels elektromagnetischer Strahlen lasse sich, ähnlich einem Röntgenverfahren, mehrere Meter tief in die Erde hinein sehen. Dabei zeichnen sich beispielsweise Mauerreste, Gruben oder verschüttete Gräben aus früheren Zeiten im Boden ab. Die Auswertung der Daten nimmt etwa zwei bis drei Wochen in Anspruch, schätzt Stadtarchivar Raiß. Dann wird klar sein, ob die Sammlung im Museum Zuwachs bekommen wird. Vielleicht bekommt Gerhard Raiß ja noch etwas unter den Christbaum gelegt. . .

Höchster Kreisblatt - 30.11.10 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

Schätze im Boden
Eschborn: Areal für Notfallzentrum untersucht
Von Claudia Horkheimer

Ist der dunkle Fleck auf dem Bild ein wieder verfülltes Baumloch oder doch ein Grab aus der Zeit der Alemannen? Die archäologische Interpretation der Bodenuntersuchung, die kürzlich auf Äckern in Eschborn stattgefunden hat, muß jetzt von den Fachleuten des Landesamts für Denkmalpflege vorgenommen werden, so der Stadtarchivar Gerhard Raiß. Die Ergebnisse der Untersuchung durch die Frankfurter Firma Geophysik Rhein-Main würden jetzt zu diesem Zweck nach Wiesbaden geschickt.

Ob auf dem Gelände an der Oberurseler Straße, auf dem die Stadt das neue Notfallzentrum für Feuerwehr und Arbeiter Samariter Bund errichten will, archäologische Schätze schlummern, wird sich nach der Auswertung erweisen.

Mittels elektromagnetischer Strahlen schaute Geophysiker Richard Vogt Ende November mehrere Meter tief in die Erde. Bei der sogenannten Prospektion, die dem Röntgenverfahren ähnelt, können sich beispielsweise Mauerreste, Gruben oder verschüttete Gräber aus früheren Zeiten im Boden abzeichnen.

Die Stadt hatte die Baugrund-Untersuchung im November in Auftrag gegeben, da auf dem Areal mit archäologischen Bodenfunden zu rechnen sei.

In unmittelbarer Nähe zu dem jetzt untersuchten Gelände waren 1983 beim Anlegen eines Wasserleitungsgrabens zur Erweiterung des Friedhofs menschliche Skelettreste, Glasperlen und Tonscherben gefunden worden. Insgesamt 50 Gräber aus der Alemannenzeit (viertes/fünftes Jahrhundert) konnten freigelegt und ihr Inhalt geborgen werden. Außerdem fand man die Überreste einer römischen Siedlung.

Die Funde sind heute im Eschborner Museum zu sehen. Falls die aktuelle Untersuchung neue Funde bringt, sollen sie ebenfalls im städtischen Museum ausgestellt werden.

Frankfurter Rundschau - 9.12.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR