Bewaffnung der Untertanen

Mit der Enthauptung Ludwig XVI. in Frankreich zu Beginn des Jahres 1793 begann die Schreckensherrschaft der Jakobiner, die mit der Hinrichtung von Robespierre schließlich zum Ende der Revolution 1794 führte. Es folgte eine innere Stabilisierung und der Versuch einen Ausgleich zwischen ehemaligen Jakobinern und einer konstitutionellen Monarchie zu erreichen. Gleichzeitig führte Frankreich Krieg gegen fast alle von Königen beherrschten Staaten Europas. Mit der Niederschlagung des Royalistenaufstandes in Paris 1795 trat Brigadegeneral Napoleon Bonaparte in Erscheinung, der bereits seit 1789 als Offizier in der französischen Armee diente und Kämpfer der Revolution war.

Mit dem Frieden von Basel am 5. April 1795 blieb das linke Rheinufer französisch und damit auch die Stadt Mainz. Höchst und Hofheim lagen damit in unmittelbarer Nähe und mitten im Interessengebiet der „kombinierten“ und der französischen Truppen. Nach den Einquartierungen preußischer Truppen, die mit ihren Pferden die alte Burg in Hofheim belegten, erfolgte im Juli eine erneute Einquartierung mit diesmal 400 holsteinischen Chasseurs (Jäger). Die Einwohner von Hofheim, Zeilsheim und Marxheim gerieten in eine existentielle Notlage. Brot und Getreide waren aufgebraucht, die Vorräte erschöpft. Insgesamt mußten kurzfristig 711 „Mundportionen“ von außerhalb angekauft und 177,45 fl. aus der Gemeindekasse bezahlt werden, erstattet wurden nur 81,50 fl. Als im September wieder Kriegshandlungen einsetzten, war kurz darauf Hofheim erneut betroffen. Der französischen Oberbefehlshabers der Armee an Sambre und Maas, Jean Baptiste Jourdan, errichtete in dem Städtchen sein Hauptquartier und erließ seine Anweisungen zur Aufstellung der französischen Truppen entlang der Mainlinie und ihrem taktischem Verhalten. Hofheimer Bürger mußten unter Lebensgefahr seine Botschaften an die entsprechenden Empfänger überbringen.

Schließlich kam es zur Schlacht bei Höchst (11.-13. Oktober). Auf beiden Seiten standen sich etwa 20.000 Mann gegenüber. Ohne Skrupel wurde wiederum die gesamte Region, darunter Hofheim sowie Stadt und Festung Königstein, vollständig ausgeplündert und verwüstet.

Bereits ein Jahr zuvor waren die Untertanen von Kurmainz zur Bewaffnung und Selbstverteidigung aufgerufen worden. Doch niemand hatte sich bereit erklärt, zu groß waren die „Bedenklichkeiten ..., wenn sie zerstümmelt zurückkehrten, oder gar auf dem Platz Tod blieben, so wären Weib und Kinder im elendesten Nahrungsstand“.

Im November 1795 erfolgte nun ein eindringlicher Aufruf des Kurfürstlich Mainzischen Oberamtes Höchst zur Bewaffnung, Selbstverteidigung und Kampf gegen die Franzosen. Zu frisch waren noch die Erinnerungen der Untertanen an die schrecklichen Folgen der letzten Kriegshandlungen und man scheute sich nicht - von Amts wegen - diese erneut aufleben zu lassen.

Auszug aus dem Schreiben vom 16. Nov. 1795:

„...jedermann müsse noch in frischem schmerzvollen Andenken haften, welchen Verheerungen und Greulthaten jene deutsche Reichslande, in welche vorzudringen es den französischen Kriegsheeren gelungen, ausgesetzt gewesen seien, da diese zügelloser Scharen nicht nur durch ihre unermäßliche Anforderungen die Gemeinheiten in die tiefsten Schuldenlasten gestürzet sondern auch durch die unter den schwersten Mishandlungen verübte Räubereien und Plünderungen viele Landeseinwohner ihr ganzes Vermögen, viele einen großen Theil desselben eingebüßt, und was das schlimmste sei, diese Gott- und Sittenvergessene Horde auf eine das biedere Gefühl eines jeden redlichen deutschen empörende Art fast aller Orten auch die rechtschaffensten Wittwen, Weiber und ledigen Frauenspersonen ohne Rücksicht des zu hohen oder zu geringen Alters, sogar vielfältig in gezwungener Gegenwart der Ehemänner, Eltern und Kinder zu Befriedigung ihrer thierischen Gelüsten gewaltsamer Weise misbraucht hätten...“

Dieses Mal erklärten sich 426 Mann aus dem Vogteiamt Hofheim bereit, bei Eindringen des Feindes ihr Eigentum zu verteidigen. Diese Mannschaft setzte sich wie folgt zusammen: 120 Mann (90 verheiratet, 30 ledig) aus Hofheim, 80 aus Marxheim, 42 aus Kriftel, 90 aus Hattersheim, 30 aus Zeilsheim und 54 aus Münster. Die Bewaffnung mußte selbst mitgebracht werden und bestand aus: Flinten, Seitengewehr und Säbel.