Der Burgstadl neben dem Fronhofe zu Eschborn
Freiherr Ludwig von Ompteda
Aus: Die von Kronberg und ihr Herrensitz, Frankfurt am Main 1899

An den alten Fronhof 1) zu Eschborn grenzt nordwestlich ein beträchtliches Wiesenstück, dessen Oberfläche, abweichend von der Bodenbildung der Umgebung, in kurzen Wellen sinkt und steigt. Es heißt dort von altersher: im Burggraben. Ungeachtet des bedeutungsvollen Namens meldet bis zum Jahre 1895 kein Geschichtsforscher des Niddagaues, daß er diese Stelle untersucht oder auch nur aufgesucht habe. Nun aber wohnten die alten Franken auf engen Höfen, die nur mit Flechtzäunen oder Pallisaden umgeben waren; die Befestigungen unter Karl dem Großen waren aus Erde und Holz. Erst unter den Saliern, von 1024 an, durften auch die Freien „Burgen" bauen. Die kleineren Ritter hatten alsdann ein turmartiges Wohnhaus, mit hochgelegenem Eingange von Stein oder Holz in der Mitte des Hofes.

Diese Thatsachen in ihrer Anwendung auf Eschborn führten den Verfasser dieser Erzählung 1895 dorthin; er erfragte mit Glück die gesuchte, lang verschollene örtliche Kunde. Die erste oberflächliche Anschauung des Platzes, der ihm vorgewiesen wurde, erregte sofort den Eindruck: daß hier ein besonderes Etwas unter dem grünen Rasen liege. Die Vermutung bestätigte sich durch die sachkundigen Schürfungen der Herren Rittmeister d.L. C. Gustav Leinhaas und Paul Osterrieth. Auf Anregung Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich und mit freigebiger Unterstützung mehrerer Sommereinwohner von Kronberg und Königstein wurde ein Verein für die genauere Untersuchung des „Burggrabens" in's Leben gerufen; dieser legte die Leitung der Arbeiten in die kundigste und bewährteste Hand. Herr Architekt Ch. L. Thomas zu Frankfurt a.M., der gelehrte Kenner und praktische Förderer seiner heimatlichen Urgeschichte, hatte die Güte, die schwierige Aufgabe zu übernehmen und durchzuführen. Seine reich lohnenden, gradezu überraschenden Ermittelungen und die daraus mit meisterhaftem sachkundigem Scharfblicke gezogenen Schlüsse hat er in einem Aufsatz „Der Burggraben zu Eschborn," dem Archive für Hessische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge, Band II, Heft 2, zur Veröffentlichung überwiesen. Mit Erlaubnis des Herrn Verfassers und der Redaktion ist jene Arbeit hier im Auszuge benutzt worden, wofür beiden der gebürende Dank damit abgestattet wird.

Für den Gang der Untersuchung in ihren einzelnen Fortschritten, vom ersten Spatenstiche bis zur augensichtlichen Rekonstruktion des alten Burgstadls der Eschborne auf der beigeschlossenen Zeichnung, muß auf die Originalarbeit verwiesen werden. In der Kürze ist das Ergebnis folgendes: an genannter Stelle wurde die, dem frühmittelalterlichen Typus nicht durch spätere Aus- und Umbauten entwachsene fränkische Burganlage der Herren von Eschborn aus ihrer mehrhundertjährigen Vergessenheit auferweckt. Die, den Verwüstungen und Ausraubungen der nachkommenden Zeiten entgangenen Überbleibsel sind wiederum zu einem anschaulichen Bilde der ursprünglichen Gesamterscheinung vereinigt. Der angeschlossene Grundplan der Burganlage, mit seinen Nebenzeichnungen, erläutert den alten Zustand so vortrefflich, daß der beschreibende Text dadurch wesentlich vereinfacht wird.

Die vorläufige Untersuchung des Platzes hatte mehrfach römische Spuren geliefert: Bruchstücke von Ziegeln, gebrannten Platten und Sandsteinquaderchen. Die Nachgrabung erwies indessen, daß auf dieser Baustelle die Römer nicht thätig gewesen waren; wohl aber lagern römische Fundschichten ganz nahe östlich, im Bauschutte der Bodenerhöhungen um den alten Fronhof der Eschborne, dem sogenannten Solmserhof. Ihr Aufschluß ist noch zu erwarten. Von dort werden auch zwei, im Schutte der Burg gefundene römische Kapitälteilchen stammen. Einstweilen sei hier bemerkt, daß in dem freistehenden Mauerwerke der Häuser und Höfe von Eschborn, sowie in der Innenfläche des untersten, noch rein romanischen Turmgelasses der Kirche, derartige römische Werkstücke eingemauert sind.

Das Burggelände liegt nordöstlich des von Niederhöchstadt zur Nidda, in einem Abstande von etwa 150 Metern, hinabeilenden Westerbaches. Sein Bett ist tief eingeschnitten in eine Bodensenkung, die sich im Viertelkreise um die Südwest- und Südseite der Anlage zieht. Die umschließende Vertiefung schützte diese Fronten, da der Streifen zwischen dem Bach und Burggraben dem Angreifer nur einen sehr schmalen Raum zur Entwicklung bieten konnte. Dagegen breitet sich im Nordwesten und Nordosten des Burgplatzes ein flacher, etwas überhöhender, nach dem nordöstlich gelegenen Dorfe Steinbach hin sanft ansteigender Hang. Hier war die Angriffseite.

Die örtliche Überlieferung nimmt an, daß ein uraltes Steingebäude, ein Stadl, an diesem Platz gestanden habe. Eine öffentliche Urkunde bezeugt, daß das alte hier stehende „Burghaus" noch im Jahre 1614 von einem gutsherrlichen Wirtschaftsbeamten bewohnt war. Die Geschichte weiß, daß dieses Haus am 16. Juni des Jahres 1622, mit dem größten Theile des Dorfes Eschborn, von den wüsten Scharen des „tollen" Christian von Braunschweig, als Nest eines katholischen Geschlechtes, ausgebrannt wurde. Später ist das „Burghaus" von seinen Herren nicht wieder aufgebaut; die Brandruine diente den folgenden Geschlechtern als Steinbruch bis in ihre Fundamente hinein.

„Das Innere des Bergfrieds gibt das hieneben vorgeführte völlig gleichartige Gebäude der alten, 1254 zuerst erwähnten, Reichsburg Calsmunt über Wetzlargetreu wieder."

Der steil eingeschnittene, 4 Meter tiefe und 10 Meter breite, trockene Burggraben (s. Plan) umgiebt, mit einer 2 Meter haltenden Böschung von 45 Grad Fall, einen Hügel (s. Profil des Burghügels), der noch heute die ursprüngliche Höhe der anstoßenden Ackerflächen um 2 Meter überragt. Er hat die Gestalt einer, an ihren vier Ecken gerundeten, oben abgestumpften Pyramide; ihre Basis ist etwa 25 Meter lang; sie war umgeben von einer 1,2 Meter starken Ringmauer, deren blosgelegter Fundamentgraben teilweise noch ausgemauert befunden wurde. Das Innere bildet den ehemaligen Burghof. Näher der westlichen Strecke der Ringmauer stand der Bergfried, der 10,4 Meter im Geviert hielt. Seine 2,75 Meter dicken Mauern ließen ein Turminneres von 5 Meter im Geviert frei.

Für den Turmbau wurde zunächst die Grube bis zum gewachsenen Lettenboden ausgehoben. Auf ihrem Rande ist letzterer ringsum bedeckt von einer dünnen Schicht, bestehend aus Bruchstücken römischer Heizkacheln, sowie aus Splittern von Dach- und Verkleidungsziegeln. Dort war der Werkplatz. Der damalige Bauherr nutzte dafür eine, wahrscheinlich nächstgelegene, römische Baustelle aus. Als der Turm fertig war, wurde der Burghügel mit dem Ausstiche des Burggrabens angeschüttet. Die Ringmauer setzte man erst später auf die Anschüttung, als diese sich hinreichend gelagert hatte. Vermuthlich half inzwischen ein Pallisadenschutz aus. Der Eingang zum Burghof war im Westen (s. Plan). Wie man durch oder über den Graben gelangte, ist nicht mehr ersichtlich. Vermutlich vermittelst eines rasch abzuwerfenden Holzsteges. Dann umging der Eintretende, in dem engen Hofstreifen, nach links den Bergfried und gelangte bei E zunächst in die Hauswirtschafts-, dann in die Wohngebäude. Diese zogen sich, im Osten und Süden, rings um den Bergfried. Sie müssen, in ihren oberirdischen Bauteilen, aus Holzfachwerk mit Lehmstickung bestanden haben. Das doppelt schraffierte Gebäude, der Palas, stand auf dem unentbehrlichen Balkenkeller; sein Dachfirst stieß rechtwinklig auf die Südostmauer des Turmes. Eine Ablagerung von rotgeglühten Dachschiefern und von Brandschutt aus Fachwerkgebäuden in unmittelbarer Nähe setzt diese Annahme außer Zweifel. Viele Gebrauchsgegenstände des ehemaligen Haushaltes waren dem Schutte beigemengt: ein Ambos, zwei Spinnwirtel, ein Schlüssel, eine Bronzelampe, zwei große Hundeschädel, viele mittelalterliche Topfscherben. Hier ist (etwa bei G) der 9-10 Meter über dem Erdboden erhabene Eingang in den Bergfried zu suchen. Der Palas selbst, der gegen die Ringmauer stand, wurde bei B durch eine hölzerne Freitreppe betreten. Auch wurde hier die Fundamentmauer des nicht unterkellerten zweiten westlichen Wohngebäudes aufgefunden, von dem das Burgthor überragt ward. Selbstverständlich waren die Nebengebäude aus späterer Zeit als der Bergfried. Diesen selbst, in seinem Innern, gibt das vorstehend vorgeführte, völlig gleichartige Gebäude der alten, 1254 zuerst erwähnten Reichsburg Calsmunt über Wetzlar getreu wieder. Wir sehen in der Zeichnung vier Räume übereinander; der unterste war nur durch eine Fallthür vom nächst oberen zugänglich und lichtlos.

 „Spätromantische Säulenbasis mit Eckblatt" (links) - „ Wohlerhaltener Steingutkrug mit Tüllenausguß" (rechts)

Die spärliche Einrichtung des Gelasses in Eschborn ist völlig unberührt geblieben, seitdem am Tage der Zerstörung der Brandschutt der oberen Geschosse in diesen Keller hinabstürzte. Denn auch beim späteren Abbruche des Turms und der Einebnung des Platzes zu landwirtschaftlichem Gebrauche grub man nicht so tief hinunter. Die gesuchte Zisterne ist darin nicht aufgedeckt; wohl aber fand man ein Viertel einer kleinen spätromanischen Säulenbasis mit Eckblatt, die nur ein Schmuckteil am Kamin in einem der oberen Geschosse des Bergfrieds, wahrscheinlich im Gelasse auf der zweiten Gebälklage, gewesen sein kann. Dort war auch der Eingang vom Wohngebäude her. Darüber befand sich ein gewölbter Raum, durch den die Rauchabführung ging. Um die oberste Plattform lief der Wehrgang mit Schartenfenstern. Den Abschluß bildete der Dachhelm zum Schütze gegen das Regenwasser.

In der quadratischen Grundfläche des Turm-Innern fand sich unter der hohen Schicht herabgestürtzten Brandschuttes eine mächtige Anhäufung von verkohltem Korn; darunter steckten ein wohlerhaltener Steinkrug, zwei schön geschmiedete große eiserne Äxte, eine zweischneidige Doppelhacke und ein vierbeiniger Feuerrost; daneben viele Thonscherben, eine Schweinskinnlade und andere Knochenstücke. Die Fußbodenschicht unter dem Roste war rotgebrannt. Die starke Feuerung, die hier stattgefunden hat, setzt wegen des notwendigen Luftzuges einen, später gebrochenen, direkten Zugang vom Burghofe her voraus, denn der Fußboden dieses Raumes lag 2 Meter unter der Höhe des Burghofes. Die Topfware läßt ungefähr auf die Mitte des XVII. Jahrhunderts schließen, was dem geschichtlichen Zerstörungstage, 16. Juni 1622, nicht widerspricht. Das Turmgemäuer selbst stand noch lange Jahre nach diesem Tage; allgemach stürzte es ein und wurde, als gelegener Steinbruch, abgetragen; selbst die Fundamente sind ausgebrochen. Die gefundenen Bruchstücke erweisen, daß das Gebäude aus Vilbeler Sandstein, Basalt, Taunusquarzit und römischen Ziegeln zusammengefügt gewesen war.

Im allzeit trocken gewesenen Burggraben fanden sich ein eiserner Sporn, eine Messerklinge, Bruchstücke einer kleinen Schale aus terra sigillata.

Das oben erwähnte spätromanische Architekturstückchen vom Kamine setzt den Bau des Bergfrieds in die Zeit zwischen 1000 und 1100. Er ist entschieden nicht aus einer älteren Holzburg umgewandelt, sondern in einem Stücke als Steinbau aufgeführt und zwar hier im Flachlande noch zu einer Zeit, wo sich der Burgenbau bereits den isolierten natürlichen Höhen zugewendet hatte.

Daraus darf der Schluß gezogen werden, daß die Bauherren damals noch nicht eine solche Felshöhe besaßen. Erst im XIII. Jahrhundert, nach der zweiten Besiedelung Frankens unter den Hohenstaufen, konnten die Eschborne sich auf dem natürlichen felsgekrönten Bergkegel des Vordertaunus festsetzen, der später Kronberg hieß.

Die im Bergfried selbst vergeblich gesuchte Zisterne wird an dessen Ostseite zu finden sein, wo das schmale Winkelmäuerchen einen kleinen Lichthof zwischen Turm und Wirtschaftsgebäude aussparte. Sämtliche Dächer haben wir uns so geneigt zu denken, daß sie dorthin abwässerten. Ein Brunnenschacht hat sich innerhalb der Ringmauer nicht vorgefunden. Am Eingange vom Hofe in das östliche Wirtschaftsgebäude ist eine offene Vorhalle anzunehmen, die auf dem Pfostenfundamente bei e ruhte. Dort sind auch Küche und Backofen, beide eingeschossig, zu suchen, denn an jener Stelle wurden im schuttgefüllten Teile des Ringmauergrabens mehrere Bruchstücke von Brohler Tuffplatten gefunden.

Wie es gegen Schluß des Daseins der Burg um diese aussah, darauf wirft ein Notariatsprotokoll vom Jahre 1614 einen schwachen Lichtschein. Es fand ein Erbfall und eine Besitzergreifung statt: „Dann das Burghauß zu Eschborn, voraus nachen Frankfurt am Ende, und „in der Höhe" (Name der Feldlage), inwendig einem tiefen Graben gelegen. Darinn auf dem Oberstüble (im Wohngebäude) des Kellers (Verwalters) Bruder Philipps Pfalbächer, und den Hoffmann (Pächter) benamentlich Johann Hofe angetroffen und ihnen vorigen Inhalt der Requisition zu verstehen gegeben und hieruffer, in signum apprehensionis, einen Spahn aus dem Thürpfosten ausgehauen, wie nicht weniger den Platz und den Garten darumher mit allen dazu gehörigen Pertinenzien mit einem ausgehauenen [Spahn] vorne auf dem Graben stehenden Pflaumenbaum in wirklichen Besitz genommen." Dann verhandelte der Notarius nochmals mit „vorberührten Hoffmann auf dem negst daran stehenden herrschaftlichen hof."

Schließlich ist noch eines anderen Fundes hier zu gedenken, eines vorgeschichtlichen, der jedoch trotzdem in beabsichtigter Beziehung zur Erbauung des Bergfrieds gerade an dieser Stelle stehen dürfte. Auf dem Plane finden wir in der Darstellung des Einschnittes durch den südlichen Burghof, Richtung a-b, eine Schicht grauer Aschenerde mit „praehistorischen" Scherben vermischt. Sie hat die Gestalt eines flachen Hügelgrabes von 75 cm Höhe und erstreckt sich von a aus etwa 10 Meter lang nach b zu, etwa bis zur Linie c-d; an der Nordostseite des Bergfrieds ist sie durch Aushebung der Mauergruben zerstört. In diesem Aschenhügel wurden Gefäßreste angetroffen, die aus vorgeschichtlicher Zeit stammen; sie stimmen mit dem neolithischen Grabfelde am Bahnhof Eschborn überein, das ebenfalls von Herrn Architekten Thomas erschlossen und bestimmt wurde. Dieser Aschenhügel ist weit älter als die gesamte Burganlage, denn bei Aushebung des Burggrabens und der Fundamentgräben des Bergfrieds wurde er senkrecht durchschnitten. Auf seiner Oberfläche findet sich eine schwache Schicht derselben Steinsplitter, die den alten Werkplatz bezeichnen.

Die Gelehrten fassen dieses Vorkommen dahin auf, daß hier ein „Opfer" vorliege. Die Erbauer des Burgstadls haben, einem altheidnischen Aberglauben folgend, jenem Brandhügel absichtlich eine Stelle unter ihrer Neuanlage angewiesen, oder auch den neuen Bau auf ihn gesetzt, denn die Wahl des Bauplatzes ist an sich, wegen der Überhöhung im Norden, keineswegs einwandfrei. Die Bestandteile des Hügels sind sandiger Lehm, Aschen- und Kohlenrestchen, Scherben; letztere entstammen nicht der römischen Zeit. Des Brandhügels Bedeutung - nach Jakob Grimm: Deutsche Mythologie S. 1093 - war „gleichsam ein der Erde gebrachtes Opfer, welche die Last des neuen Baues auf sich duldet; durch diesen grausamen Brauch wähnte man unerschütterliche Haltbarkeit oder andere Vorteile."

Das Wappen des Flügelstammes (links) - Das Wappen des Kronenstammes (rechts)

Es wurden nämlich auch wohl lebendige Thiere eingegraben. Durch das Brandopfer, dessen Bestandteile hier nicht mehr erkennbar sind, suchte man den Schutz des Baues vor verderblichen Elementen zu erwirken. Im Altertum wurden die Opfergefäße für den Toten zerschlagen, um ihre spätere profane Benutzung zu verhindern, wie wir jetzt noch das Glas zerbrechen, aus dem auf das Wohl einer verehrten Person getrunken wurde. Opfer brachten Glück und Segen; diese Vorstellung blieb an den Scherben der zerbrochenen Opfergefäße hangen; sie wurden dann verallgemeinert. Die Scherben wurden auch vielfach schon als Scherben hingeworfen: „Scherben bedeuten Glück." Dieses Brandopfer hat den Bergfried von Eschborn sechshundert Jahre lang gestützt und beschützt, bis er am 16. Juni 1622 den Mordbrennern des dreißigjährigen Krieges erlag.

Das persönliche Bild des friedlichen Ritters von Eschborn im 12. Jahrhundert zeigt ein langes faltiges buntes, an den Knieen gebundenes und mit den Schuhriemen verschnürtes Beinkleid; ein kurzes Gewand: die Tunica; darüber ein weiter mantelartiger Umwurf. Ein niedrig spitz zulaufender weicher Hut deckte das buschige Haar, das mit dem freiwallenden Barte zusammenfloß. Im Felde sehen wir die Brünne aus Kettengeflecht, den oben flach zulaufenden Kübelhelm, Schwert, Dolch und Schild, an den Füssen die Rittersporen. Die Frauen tragen weite Gewänder mit Spangen und Besatz, oft mehrere sich verkürzende Röcke über einander. Den Kopf hüllen weite wallende Schleier ein.

Hierin bringt alsdann das 13. Jahrhundert eine merkwürdige Wandlung. Es ist die Zeit der Hohenstaufen, des Rittertums und Minnegesanges; des häufig überschrobenen nicht gesunden Frauendienstes. Zwar finden die männlichen und ritterlichen Tugenden ihre höchste Entwicklung. Das Rittertum verkörperte damals die idealen Begriffe von Freiheit und Mannesehre, als das Bürgertum dazu noch nicht imstande war. Dabei aber gestaltet sich die männliche Kleidung immer weiblicher. Der Rock wird lang, nicht immer gegürtet; das Haar wallt geordnet auf die Schultern herab; den Kopf ziert ein Kranz, ein Band, ein Stirnreif (Schapel); der Bart verschwindet. Der dicht mit Pfauenaugen bedeckte Hut ist beliebt. Wird ein Gürtel getragen, so hangt daran die Almosentasche. Die Schuhe sind mäßig spitz. Der Frauen Tunica fließt lang herab; sie ist an der Hüfte geschürzt. Das Überkleid hat Ärmel; es ist meist mit Pelz gefüttert. Das Haar, in der Mitte gescheitelt, hangt über den Rücken; auf dem Haupte die Schapel; unter dieser ein Schleiertuch. So ging man in Speyer zu Hofe. Die reiche Tracht paßte weit mehr dorthin als in das väterliche enge alte Burghaus. Indessen war das Leben der Eschborne, in der Nähe Frankfurts und der Königshöfe am Rhein, gewiß nicht so eintönig und stumpf wie dasjenige ihrer ritterlichen Standesgenossen im nördlichen Deutschland.

1) Anmerkung des Herausgebers: Gemeint ist der ehemalige Eschborn/ Kronberger Herren- und spätere Solmserhof, die heutige Gärtnerei Jung, Neugasse 11.

Auszug aus:
"Eschborns Burgstadl in Wort und Bild", Historische Gesellschaft Eschborn e.V., 1981, zusammengestellt von Hansjörg Ziegler