[1848/49]

Unter der Regierung der tüchtigen Herzöge Nassaus entwickelte sich Niederhöchstadt nur langsam. Die Revolution 1848-49 ging für Niederhöchstadt ziemlich ruhig vorüber. Zwar wurde auch hier eine Bürgergarde gebildet, welche aus drei Abteilungen bestand: aus den jugendlichen Leuten, welche die Stamm-Mannschaft bildeten, den Männern, die die Landwehr ausmachten und den älteren Männern die zum Landsturm gehörten. Auch zog die Bürgergarde mit dem Herzog, der am 4. März 1848 sich nach Frankfurt geflüchtet hatte, mit diesem wieder nach Wiesbaden zurück (11).

Am 5. März 1848 verkündete Herzog Adolf vom Altane seines Schlosses aus an die Versammelten folgende Proklamation:

»Getreue Nassauer!

    Ihr habt von mir gefordert;

    1. Allgemeine Volksbewaffnung mit freier Wahl seiner Führer.
    2. Unbedingte Preßfreiheit.
    3. Sofortige Einberufung des Parlamentes.
    4. Sofortige Vereidigung des Militärs auf die Verfassung.
    5. Recht der freien Vereinigung.
    6. Öffentlichkeit, öffentlich mündliches Verfahren mit Schwurgerichten.
    7. Erklärung der Domänen zum Staatseigentum unter Kontrolle der Verwaltung durch die Stände.
    8. Sofortige Einberufung der Zweiten Kammer lediglich zur Entwerfung eines neuen Wahlgesetzes, welches auf dem Hauptgrundsatz beruht, daß die Wählbarkeit nicht an einem bestimmtem Vermögensbesitz gebunden ist.
    9. Beseitigung aller Beengungen der uns verfassungsmäßig zustehenden Religionsfreiheit.

    Diese Forderungen, deren Gewährung Euch mein Minister und meine Mutter und mein Bruder mit ihrem Namen verbürgt haben, genehmige ich und werde ich halten. Habt Vertrauen auf mich, wie ich Vertrauen habe auf Eure Treue und Mut, wenn das Vaterland bedroht ist und Eurer bedürfen sollte.

    Die erste dieser Forderungen, die Volksbewaffnung, hat sich bereits gestern bewährt durch die mutige und treue Haltung der Bürgergarde von Wiesbaden, und ich rechne darauf, daß sie auch überall im Lande mit Ordnung und Ruhe zur Ausführung gebracht wird.

    Getreue Nassauer, jetzt gilt es Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten! Dies ist um so notwendiger in einer selbständigen Gemeindeverfassung, die ich Euch gerne geben werde.

    Nassauer, wie ich mich auf Euch verlasse, so verlaßt Euch auf Euren Herzog!
    Wiesbaden, den 5. März 1848.
    Adolf.«

An dem badischen Aufstande 1849 nahmen Niederhöchstädter nicht teil.

[1864/66 - Niederhöchstadt wird preußisch]

An den Feldzügen von 1864 und 1866 (12) nahmen auch Söhne unserer Bürger teil und kämpften unter der Fahne des Herzogs Adolf von Nassau in Schleswig-Holstein und waren auch bei der Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April 1864 dabei.

1866 wurde Niederhöchstadt preußisch. Hierüber folgender Pakt:

»Nachdem in Folge eines von Nassau im Bunde mit Österreich und in Verletzung des damals geltenden Bundesrechtes begonnen, von Uns in gerechter Abwehr siegreich geführten Krieges die zum Herzogtum Nassau früher vereinigten Lande von uns eingenommen sind, so haben Wir beschlossen, dieselben mit unserer Monarchie zu vereinigen und zu diesem Behufe mit Zustimmung beider Häuser des Landtages das Gesetz vom 20. September d. J. erlassen und verkündet.

    Demzufolge nehmen wir durch gegenwärtiges Patent mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit in Besitz und einverleiben Unserer Monarchie mit sämtlichen Zubehörden und Ansprüchen die Länder, welche das damalige Herzogtum Nassau gebildet haben.
    Wilhelm.«

Die Einwohner Niederhöchstadts dienten nun ihrem König Wilhelm mit derselben Treue, wie sie auch vorher ihrem Herzog Adolf zugetan waren. Manche von ihnen nahmen teil an dem ruhmreichen Feldzuge gegen Frankreich von 1870-71. Alle Bürger kehrten wieder in ihre Heimat zurück. Zwei von ihnen wurden verwundet, davon einer schwer.

Ein allgemeines Friedensfest wurde gefeiert und auf dem freien Platz vor dem Hause des Kriegskameraden Joseph Burkart, dem späteren Bürgermeister von Niederhöchstadt, eine Friedenslinde gepflanzt, welche noch jetzt dem Dorfe zur Zierde gereicht (13).

Der damals gegründete Kriegerverein besteht heute noch, obgleich schon mancher Kriegsveteran in seine ewige Heimat abgerufen worden ist. Mögen sich ihre Nachkommen an ihnen ein Beispiel nehmen und ebenso treu zu ihrem Fürsten und zum Vaterlande stehen wie sie.

[1870/71]

Der Feldzug von 1870-71 hatte die langersehnte Einigung aller deutschen Stämme zum neuen Deutschen Reiche zur Folge. Am 18. Januar 1871 wurde auf französischen Boden das nun erstandene Kaiserreich proklamiert und König Wilhelm zum deutschen Kaiser erwählt. Zur Zeit haben drei Hohenzollernfürsten den Kaiserthron geziert: Wilhelm I., Friedrich III. und unser jetzt regierender Fürst Wilhelm II.

Nach dem Kriege 70/71 vollzog sich auch in Niederhöchstadt ein Aufschwung in den bestehenden Verhältnissen. Wohl ist auch jetzt noch der Ackerbau die Hauptbeschäftigung der Einwohner. Seitdem aber die Fabriktätigkeit in Frankfurt, Bockenheim und Umgegend einen ungeahnten Aufschwung genommen hat, finden viele Einwohner in den Großbetrieben reichlich lohnende Beschäftigung, und auch der Handwerkerstand mehrt sich immer mehr und mehr. Die Einwohnerzahl ist von 500 auf 1.100 Seelen gestiegen. (14).

Hiermit habe ich ein allgemeines Geschichtsbild von Niederhöchstadt zusammengestellt, soweit mir dazu Material zur Verfügung gestanden hat. Ehe ich nun zur besonderen Ortsgeschichte komme, möchte ich vorher noch etwas über die Kirchen- und Schulverhältnisse, soweit sie bekannt sind, berichten.

[Die Kirchen- und Schulverhältnisse]

Die Kirche zu Niederhöchstadt, ringsum vom Friedhofe umgeben, muß im Jahre 1581 unter der Herrschaft der Kronberger erbaut worden sein. Ein an der Südseite der Kirche eingefügter Sandstein, oberer Pfosten der früheren Eingangstüre, führt das Wappen der wiedervereinigten Familie Kronberg-Eschborn mit der Jahreszahl 1581 (15). Später erwies sich die Kirche als zu klein, und es wurde im Jahre 1692 ein neuer Chor angebaut. Der Hauptaltar weist in seinem künstlerisch ausgeführtem Überbau neben der Inschrift "Deinem Hause geziemet Heil o Herr auf ewigen Zeiten" die Jahreszahl 1802 auf. Der Seitenaltar (Muttergottesaltar), wohl der älteste der Kirche, wurde 1855 auf Betreiben der Chorsänger, welche ihr Gehalt von drei Jahren im Betrage von neun Gulden dazu verwendeten, erneuert und von Philipp Flach hier angestrichen.

In demselben Jahre wurden auch die beiden roten Fahnen, welche jetzt noch vorhanden sind, von den Frauen Niederhöchstadts gestiftet. Die Trauerfahne mit dem Bildnis der schmerzhaften Mutter Gottes wurde von der Familie Philipp Bommersheim, die Kinderfahne mit dem Bildnis des göttlichen Kinderfreundes von der Familie Adam Adam bei Gelegenheit der ersten hl. Kommunion ihres Sohnes Johann Adam gestiftet. Die beiden blauen Fahnen am Hauptaltar mit den Bildnissen der hl. Mutter Gottes mit dem Jesuskinde und dem hl. Nikolaus, sind ein Geschenk der Frau Becker Ww., welche dieselben nach glücklich überstandener schweren Operation der Kirche stiftete. Die beiden Fahnen mit dem Bildnis der Mutter Anna und der Mutter Gottes wurden von den Frauen und Jungfrauen Niederhöchstadts gestiftet.

Die gemalten Kirchenfenster wurden unter Herrn Pfarrer Seitz von Glasermeister Dröser zu Frankfurt a. M. im Jahre 1895 hergestellt. Besonders wertvoll ist die schöne Monstranz, deren Herkunft nicht nachgewiesen werden kann (16).

[Die erste Orgel]

Die erste Orgel wurde im Jahre 1804 von den Gebrüdern Bürgi in Bad Homburg v. d. Höhe im Betrage von 400 Gulden aufgestellt. Der Betrag wurde von den Einwohnern der hiesigen Gemeinde durch eine Kollekte aufgebracht. Am Feste des hl. Nikolaus, dem Patronatsfeste der Gemeinde, wurde dieselbe zum ersten Male gespielt. Da diese Orgel aber im Laufe der Zeit defekt wurde, beschloß der Kirchenvorstand im Jahre 1897, eine neue anzuschaffen. Lehrer Sauer zu Schönberg wurde zu diesem Zwecke beauftragt, einen Entwurf auszuarbeiten und denselben dem Kirchenvorstand vorzulegen. Nachdem derselbe die Zustimmung des Kirchenvorstandes gefunden und auch die Genehmigung durch das bischöfliche Ordinariat zu Limburg erfolgt war, wurde der Orgelbauer Heinrich Voigt zu Biebrich mit der Ausführung derselben beauftragt. Das Prospekt der alten Orgel wurde wegen seiner schönen Ausführung beibehalten. Am Kirchweihfeste des Jahres 1899 wurde auf ihr von Herrn Lehrer Sauer zum ersten Male gespielt.

Erster Pfarrer nach Einführung der Gegenreformation war, soweit sich dies durch kirchliche Urkunden von Schwalbach ermitteln läßt, Pfarrer Antonius Mehler, welcher im Jahre 1639 installiert wurde.

Von 1790 an waren folgende Geistliche dahier tätig: die Pfarrer Boländer, Weil, Meister, Proff, Verflassen, Burggraf, Melchior, Nagel, Waldschmitt, Seitz und Hartleib. Pfarrer Meister verwaltete die Pfarrei von 1808 bis 1841. Er wußte sich während seiner 33- jährigen Wirksamkeit die Achtung, Ehre und Liebe seiner Pfarrkinder zu erwerben.

Das Revolutionsjahr 1848 scheint auf die kirchliche Verhältnisse in Niederhöchstadt nicht ohne Einfluß gewesen zu sein. Es brach in diesem Jahr ein heftiger Streit aus zwischen dem damaligen Pfarrer Verflassen und der Gemeinde wegen Abhalten der sonntäglichen Gottesdienste, des Kommunionsunterrichtes, der ersten hl. Kommunion der Kindern in der hiesigen Kirche. Fast drei Jahre wurde daher kein Gottesdienst mehr abgehalten, da die Gemeinde den Pfarrer an dem Betreten der Kirche mit Gewalt hinderte. Dieser bedauerliche Streit endete erst mit der Versetzung des Pfarrers nach Heiligenroth am 1. November 1850 (17).

Die Schule zu Niederhöchstadt

Die Gründung der hiesigen Schule, die Erbauung des Schulhauses sowie die Anstellung des ersten Lehrers kann nicht ermittelt werden, da keine Urkunden vorhanden sind. Wahrscheinlich aber ist das Schulhaus schon seit seines Entstehens zu diesem Zweck bestimmt, weil es für die Wohnung eines Landwirtes die dazu gehörigen Ökonomiegebäude nicht hat. Es kann vor etwa 400(?) Jahren zur Zeit der regierenden Grafen (18) von Kronberg um das Jahr 1528, also etwas früher a1s die Kirche, erbaut worden sein. Der Unterricht scheint zunächst durch den Lehrer zu Schwalbach erteilt worden zu sein, wie aus dem nachstehenden Wortlaut einer Urkunde aus dem Jahre 1652 hervorzugehen scheint:

    "Das dem Schulmeister in Schwalbach fällige Brot und Siechlingskorn betreffend soll bei dem alten bleiben."

Im 17. Jahrhundert waren folgende Lehrer dahier: Konrad Abel, Johann Stelle, Philipp Bommersheim und Johann Westhof, gebürtig aus Weißkirchen.

    Die damalige Schulbesoldung bestand aus:

    1. Von jedem Schüler 1 Gulden Schulgeld.
    2. Fünf Malter Korn aus der Gemeindekasse.
    3. Drei Umgang Brot, das sogenannte Oster-, Pfingsten- und Weihnachtsbrot, das waren von jedem Nachbar drei Laib Brot.
    4. Von jedem Gutsbesitzer eine Garbe Korn und eine Garbe Hafer, welche der Lehrer im Felde sammeln mußte.
    5. Zehn Gulden aus der Kirchenkasse als Küster, Vorsänger und Vorbeter.
    6. Benutzung des Kirchhofes, sowohl den Ober- als auch den Unternutzen.
    7. Ein Krautacker von 40 Ruten, eine Wiese von 82 Ruten 40 Schuh gehört zur 4. Klasse, ein dito 72 Ruten gehört ebenfalls zur 4. Klasse.

Mit der Besoldung war auch der Glöcknerdienst und das Polizeiläuten verbunden. Der Schulunterricht wurde nur im Winter von 3. November bis zum Sonntag nach Ostern erteilt. Von Sonntag nach Ostern bis zum 3. November wurde der Unterricht ausgesetzt, da die Eltern ihre Kinder bei der Verrichtung der Feldarbeit gebrauchten.

Die Unterrichtsgegenstände waren damals Katechismuslehre, Lesen, Schreiben und Rechnen der vier Spezis (19). Bei der Religion sah man nur auf das wörtliche Auswendiglernen, mit dem Lesen war man zufrieden, wenn das Kind einigermaßen eintönig lesen und beim Schreiben begnügt man sich, wenn es seinen Namen schreiben konnte.

Lehrer Westhof starb im Dezember des Jahres 1788. Der Nachfolger des Lehrers Westhof war Matthäus Gläßner. Er verwaltete die hiesige Schulstelle vom 12. Juni 1789 bis zum 4. November 1813. Er starb an den Folgen einer in der Gemeinde auftretenden Krankheit. Unter ihm wurde der Unterricht auch im Sommer und zwar morgens erteilt. Als Unterrichtsfächer wurden noch biblische Geschichte und das Notwendigste in der Naturwissenschaften gelehrt. Für das Orgelspielen an Sonn- und Feiertagen erhielt er auf sein Ansuchen ein Malter Korn aus der Gemeindekasse (20).

Der Nachfolger des Lehrers Matthäus Gläßner im Schulamt wurde dessen Sohn Philipp Matthäus Gläßner. Er verwaltete die Lehrerstelle dahier vom 25. August 1814 bis zum Jahre 1853. Er starb am 15. Oktober 1853 nach einem 39-jährigen segensreichen Wirken.

Im Jahre 1817 am 24. März wurde die allgemeine Schulorganisation der Schulen des Herzogtums Nassau durchgeführt. Ein neuer Lehrplan wurde aufgestellt, jede Schule neu gebildet, jeder schon angestellte Lehrer mit einem neuen Dekrete versehen und ein Schulvorstand gewählt.

Der erste Schulvorstand bestand aus dem Herrn Pfarrer Meister, dessen dienstwechselnde Mitglieder waren der herzogliche Schultheiß Bommersheim und der Gerichtsschöffe Adam Mathes.

In dem Jahre 1825 wurde endlich zu dem schon im Jahre 1815 geplanten Schulneubau geschritten, da das alte Schullokal sich schon lange als zu klein erwies. Weil die alte Schulstube mit veräußert wurde und deshalb in derselben der Unterricht nicht gehalten werden konnte, so wurde er in der Kirche erteilt. Der Schulunterricht nahm am 15. November nach einer, an die Schüler gehaltene passende Anrede in der neuen Schule seinen Anfang.

    Lehrer Gläßner wird 1844 als erster Organist an der Kirche dahier angestellt. Nachstehend das Anstellungsdekret:

    »Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Adolf Herzog von Nassau etc.

    Wir zu Höchstdero Landes-Regierung verordneter Präsident, Direktoren, Geheime Regierungsräte und Assessoren eröffnen dem Lehrer Philipp Gläßner zu Niederhöchstadt, daß wir ihn zum Organisten in dasiger katholischer Kirche ernannt, und ihm eine vom 1. Juli laufenden Jahres anfangende aus dem Kirchenfonds in Quartalsraten postnumerando zu beziehende Besoldung von zwanzig Gulden bewilligt haben.

    Wir erteilen demselben darüber dieses Dekret.
    Wiesbaden, den 4. Juli 1843.
    gez. Möller.«

    Auf Lehrer Philipp Gläßner folgte 1853 im Schuldienste Lehrer Johann Horneck. Er verwaltete die Schulstelle bis zum 1. November 1889 wo er auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt wurde,

Da sich der 1825 errichtete Schulneubau abermals als zu klein erwies, wurde auf Veranlassung des Herrn Landrat von König 1869 zum Anbau geschritten. Weil die Gemeinde jede bauliche Veränderung ablehnte, mußte sie durch Gewaltmaßregeln von der Königlichen Regierung dazu gezwungen werden. Im November war der Schulsaal vollendet und nun fand man, daß es jetzt erst ein Schulsaal sei und freute sich, auch wenn das gute Werk durch Zwang ins Leben gerufen wurde.

1878 wurden vom Schulgute 88 a 67 qm gegen eine Entschädigung von 150 Gulden dauernd an die Gemeinde abgetreten; es blieben an Schulgut noch 69 a 50 qm.

Das Gehalt des Lehrers Horneck wird 1878 auf 1.200 Mark festgesetzt.

Weil die Kinderzahl von 70 im Jahre 1875 auf 93 im Jahre 1882 herangewachsen war, wurde ein zweiter Lehrer beantragt und die Gemeinde aufgefordert, für ein geeignetes Lokal zu sorgen. Da kein passendes Lokal gefunden wurde, machte man Pläne für einen Neubau. Am 11. Dezember 1882 war der Schulsaal im Rohbau vollendet und konnte im folgenden Jahre bezogen werden.

Mit dem 1. September 1882 wurde die zweite Schulstelle mit dem Lehrer Wilhelm Heun besetzt.

An Stelle des mit dem 1. November 1886 pensionierten Lehrers Johann Horneck tritt Lehrer Peter Klomann von Hornau. Lehrer Wilhelm Heun wird 1887 von hier nach Kirdorf versetzt. Die erledigte (21) Stelle wird zunächst von Lehrer Peter Klomann mitversehen.

Lehrer Philipp Held, bisher in Kalbach, wurde am 16. April 1889 als zweiter Lehrer dahier angestellt.

Auf Antrag des Gemeinderates wurde 1889 von der königlichen Regierung die zweite Lehrerstelle aufgehoben und die Schule in eine einklassige umgewandelt. Die Besoldung des Lehrers wird auf 1.600 Mark erhöht.

Lehrer Peter Klomann starb im April 1897 und wurde am Palmsonntag dieses Jahres zu Grabe getragen.

Die erledigte Schulstelle wird bis zum August von dem Schulamtskandidaten Georg Wagner verwaltet; dann tritt an seine Stelle der Lehrer Jakob Hölzer, der bisher in Mammolshain unterrichtete.

Da die Zahl der Schulkinder im verflossenen Schuljahre 1900/01 auf über 100 gestiegen ist, wurde durch eine Verfügung der königlichen Regierung die zweite Lehrerstelle wieder errichtet und dieselbe dem Lehrer Jakob Schneider aus Schwanheim vom 15. April 1901 an übertragen.

Was alte Überlieferungen berichten

Hören wir nunmehr, was alte Überlieferungen sowie Urkunden aus früherer und neuerer Zeit über das Dorf Niederhöchstadt zu berichten wissen.

Nach alten Überlieferungen war das Dorf Niederhöchstadt früher längst des Westerbaches erbaut. Die jetzige Hauptstraße wurde erst in späterer Zeit angelegt. In älteren Urkunden ist immer nur von den Gäßchen die Rede (22). Rings um das Dorf führte ein tiefer Graben zum Schutze gegen Einfälle von Außen. Am Nord- und Süd-Ende dieses Grabens war ein Tor. An dem einem wohnte der Kuhhirt und an dem anderen der Schweinehirt. Beiden war das Wächteramt des Dorfes übertragen. In der Nähe des Dorfes, in den "Bergstücken" (23), soll sich auch eine römische Niederlassung befunden haben. Mauerreste, die aus der Erde gegraben wurden, deuten auf die Existenz einer solchen hin. Auch ein Ziegel, in welchen zierliche, kunstvolle Rosen eingeschnitten waren, wurde an derselben Stelle gefunden. Da die Mauerreste voll großem Umfange gewesen und auch jetzt noch Überreste in der Erde stecken sollen, müßte es sich wohl um eine größere Niederlassung und nicht bloß um einen sogenannten Weiler (24), wie die Römer solche zerstreut anzulegen pflegten, handeln. Eine alte Ortssage erzählt, daß alle hundert Jahre diesem Orte geharnischte Reiter entsteigen, sich auf freiem Felde zwischen Niederhöchstadt und Schwalbach bekämpfen und dann wieder verschwinden.

Im Dreißigjährigen Kriege - 1618-48 - wurde Niederhöchstadt durch die Schweden schwer heimgesucht. Ein großer Teil der Einwohner flüchtete oder wurde niedergemacht (25). In der alten Lehmgrube der Messerschmittschen Ziegelei fand man beim Ausgraben des Lehmes die Überreste eines Skelettes sowie den Säbel eines schwedischen Soldaten. Ein Beweis, daß die Schweden da waren.

Bald darauf soll der Ort durch eine ansteckende Krankheit, wahrscheinlich der sogenannte schwarze Tod, welcher namentlich in der Maingegend wütete, heimgesucht worden sein. Die meisten Häuser sollen leer gestanden haben, so daß ein Haus für sieben Gulden zu kaufen war.

Im Jahre 1813 wurde Niederhöchstadt abermals durch schwere Krankheit heimgesucht. Dieser Krankheit erlagen der Lehrer Matthäus Gläßer und sechzig kraftvolle junge Männer.

Das Jahr 1847 war für die Bewohner der hiesigen Gegend ein Mißjahr. Infolgedessen trat eine große Teuerung ein., welche auch von den hiesigen Bewohnern schwer empfunden wurde. Besonders teuer waren Brot- und Saatfrüchte und die Kartoffeln. Das Malter Korn wurde mit 23 bis 24 Gulden (40 Mark) bezahlt. Das Malter Weizen stieg im Preise auf 26 bis 27 Gulden (45 Mark) und das Malter Kartoffeln bis auf 8 Gulden (13 bis 14 Mark).

In der Nacht vom vierten zum fünften Mai 1841 wurde in der hiesigen Kirche ein schwerer Einbruchdiebstahl verübt. Der Dieb brach durch das Fenster in die Kirche ein, indem er eine Scheibe ausbleite und die beiden Schneller aushob und so dasselbe öffnete. Vermutlich stieg der Dieb von da auf die Kanzel und erbrach die Tür zur Sakristei. Dort öffnete er die Schublade, in welcher sich der Schlüssel zum Tabernakel befand. Aus dem Tabernakel wurde das Ziborium, welches erst neu angeschafft und einen Wert von 50 Gulden hatte, geraubt. Leider konnte man des Diebes, welcher schon vier Jahre früher einen Diebstahl in der Kirche ausführte, trotz eifriger Nachforschungen nicht habhaft werden.

In demselben Jahre starb Herr Pfarrer Meister nach einer kurzen Krankheit von nur sechs Tagen. Seit dem Jahre 1806 hatte er die Pfarrei treu und gewissenhaft verwaltet und sich Achtung, Ehre und Liebe aller seiner Pfarrkinder erworben.

Am 19. Juli 1846 verspürte man dahier eine heftige Erderschütterung. Nach Beobachtungen war dieselbe mehr wellen- als stoßförmig. Dieselbe wiederholte sich dreimal und war mit einem dumpfen Geräusch oder Rasseln verbunden. Alle Gegenstände in den Häusern etc. bewegten sich und wankten. Fenster und Türen klirrten und rasselten. An den Bäumen rauschte das Laub, als ginge ein heftiger Wind. Die Bewegung schien von Südosten zu kommen und war abends um viertel vor zehn Uhr. Die ältesten Leute konnten sich einer solchen Erschütterung nicht erinnern.

[Wahl des ersten Bürgermeisters]

Infolge der von Herzog Adolf 1849 gewährten neuen selbständigen Gemeindeverfassung wurde in hiesiger Gemeinde zur Wahl eines Bürgermeisters geschritten. Dieselbe geschah unter der Leitung des herzoglichen Amtsverwalters Jeckel und fand am 13. Januar statt. Mit allgemeiner Stimmenmehrheit wurde der seitherige Schultheiß Nikolaus Roth zum Bürgermeister des Ortes auf sechs Jahre gewählt. Derselbe soll ein Mann von offenem, rechtlichdenkendem, bescheidenem und gemeinnützigem Charakter gewesen sein, so daß die ganze Gemeinde über seine Wahl erfreut war. Zur Gemeinderäten wurden zu gleicher Zeit gewählt:

Johann Mathes, Johann Schütz, Johann Klomann, Adam Henrich und Philipp Adam, Jakob Adam.

Im Dezember des Jahres 1854 fand ein Wechsel im Bürgermeisterdienste statt. An Stelle des Bürgermeisters Nikolaus Roth wurde Adam Adam zum Bürgermeister der hiesigen Gemeinde gewählt.

[Das Wetter]

Das Jahr 1857 zeichnet sich durch außerordentliche große Trockenheit aus. Selbst die ältesten Leute konnten sich eines solchen Jahres nicht erinnern. Es gab vom Frühjahr bis zum Ende des Jahres nicht einen einzigen aufweichenden Regen. Die Ernte fiel trotzdem ziemlich gut aus, nur an Futter war ein Mangel. Grummet gab es nur auf den besten Wiesen; der Kleesamen ging fast gar nicht auf, und der ausnahmsweise aufging, wurde von den Mäusen gefressen. Mäuse gab es im Herbst so viele, daß die ganze Gemeinde mehrmals Gift legte und dieselben noch nicht ganz wegbrachten. Obst gab es nur mittelmäßig. Der Wein dagegen geriet so gut, daß er seinesgleichen nicht kannte.

Der Winter in den Jahren von 1857 auf 1858 waren sehr gelind und schneearm. Der Trockenheit wegen wurden die größten Flüsse so klein, daß man hindurch gehen konnte, was am Rhein durch eine Wette Ende Februar geschah. Viele Bäche hatten kein Wasser mehr, weshalb viele Mühlen nicht mahlen konnten. In manchen Gegenden trockneten die Brunnen aus, und das Wasser mußte gekauft werden. Auch in hiesiger Gemeinde waren unsere Brunnen versiegt, jedoch fehlte es nicht am nötigen Wasser. Die Frucht war den ganzen Winter über billig, aber alles übrige teuer. Das Pfund Butter wurde zum Beispiel mit 36 Kreuzern bezahlt. Nach den damaligen Verhältnissen ein sehr hoher Betrag.

Der Sommer 1858 war wieder sehr trocken, weshalb eine sehr große Futternot entstand. Obst gab es in hiesiger Gemeinde eine Menge; der Wein wurde fast eben so gut wie im Jahre 1857. Da die Frucht sehr billig war und es nur wenig gab, war es ein Glück, daß es viel Obst gab und dasselbe auch gut bezahlt wurde. Für Äpfel wurden anfänglich zwei Gulden 30 Kreuzer und später sogar sieben Gulden für den Doppelzentner bezahlt. Das Fleisch war sehr billig, da vieles Vieh abgeschlachtet werden mußte.

Der Winter von 1858 auf 1859 war sehr gelind, bloß Anfangs November war an einem Tag strenge Kälte, danach aber immerwährendes Frühlingswetter. Anfang März sah man schon Zugvögel aller Art bei uns; auch war der Winter feuchter als die vorhergehenden zwei Jahre.

Auch das Jahr 1859 war noch ein trockenes Jahr. Doch gab es zuweilen Regen.

Der Sommer des Jahres 1860 war ziemlich feucht. Es regnete sehr viel und trotzdem wurde es nicht zu naß, weil die Erde noch sehr durstig war. Die Ernte viel sehr gut aus und es gab auch sehr viel Obst, besonders Steinobst.

Auf Antrag der Gemeindevertretung wurde die Nutznießung des Friedhofes dem derzeitigen Lehrer Horneck entzogen, obgleich dieselbe schon seit Gründung der Schule den Lehrern zugewiesen war. Auch wurde der Küsterdienst von dem Organistendienste getrennt. Als erster Küster wurde Nikolaus Gläßer, ein Sohn des früheren Lehrers Philipp Matthäus Gläßer, angestellt; demselben wurde auch der Totenhof zugewiesen.

Der Sommer 1861 war ziemlich trocken, weshalb die Ernte nur mäßig ausfiel. Mäuse waren in solcher Menge vorhanden wie noch nie. Der Winter war gelind, die Witterung sehr abwechselnd, weshalb auch viele Krankheiten sich zeigten. Unter den Kindern brach der Scharlach aus, dem viele Kinder, namentlich in Kronberg und Umgebung zum Opfer fielen, der hiesige Ort blieb Gott sei Dank verschont, und der Gesundheitszustand war bei Jung und Alt gut zu nennen. Der Winter brachte sehr viel Schnee. Derselbe ging mit Regen und brachte so viel Wasser, daß großer Schaden in den Feldern durch Wegflößen geschah; dabei sind auch alle Mäuse zugrunde gegangen.

Der Winter des Jahres 1862 war nicht kalt, aber feucht und daher sehr ungesund. Die Sterblichkeit war daher ziemlich groß.

Der Winter des folgenden Jahres 1863 war sehr ungesund; in der Gegend herrschte in Folge dessen die Masern, an denen auch hier ein Kind zum Opfer fiel.

[25-jähriges Regierungsjubiläum des Herzogs Adolf]

Am 21. August 1864 wurde wie im ganzen Lande so auch dahier von Seiten der Gemeinde, des hiesigen Gesangvereins sowie der Schulkinder das fünfundzwanzigjährige Regierungs-Jubiläum seiner Hoheit des Herzogs Adolf von Nassau in würdiger Weise gefeiert. Auch Herr Pfarrer Melchior nahm teil an dem Feste. Das Kirchweihfest, welches auf diesen Tag fiel, wurde erst am folgenden Tage gefeiert, da obige Feier, welche im Freien abgehalten wurde, dem Kirchweihfest voran ging.

Nachdem am 18. Januar 1871 das neue Deutsche Kaiserreich proklamiert worden war, wurde der erste Kaisergeburtstag festlich begangen. Die hiesige Schuljugend wurde besonders bedacht. Jedes Kind erhielt von Seiten der Gemeinde einen Bubenschenkel (26) zu vier Kreuzer.

Einer Wohltäterin der Gemeinde bzw. der Schule soll hier gedacht werden. Frau Philipp Adam Ww. zu Sachsenhausen übergab dem Schulfonds zu Niederhöchstadt nach dem Willen ihres verstorbenen Mannes, Herrn Philipp Adam, einhundert Gulden zur Kapitalisierung und Verwendung der alljährigen Zinsen zur Anschaffung von Schulbedürfnissen für die Kinder. Der Schulvorstand hat dem Willen des Stifters gemäß 58 Thaler in die Sparkasse zu Homburg v. d. Höhe eingelegt und verspricht den Willen des Stifters gewissenhaft zu erfüllen.

Im Laufe des Sommers im Jahre 1874 starb Herr Bürgermeister Adam Adam; an seiner Stelle wurde ein junger, körperlich und geistig kräftiger Mann, Matthäus Adam II. gewählt.

Die Witterungsverhältnisse im Frühjahr des Jahres 1876 waren sehr günstig; der Vorsommer dagegen sehr trocken. Ein Vierteljahr lang gab es keinen Regen. Der Nachsommer war sehr naß. Es regnete fünf Wochen lang, wodurch alle Pflanzen wieder neues Leben bekamen, was sehr nachteilig auf die Preise einwirkte. Besonders bei den Kartoffeln zeigte sich Naßfäule in sehr hohem Grade. Der Winter nahm einen frühen Anfang, endete aber schon nach zehn Tagen, worauf Sudelwetter eintrat bis Weihnachten. Diese fiel weiß aus und war kalt.

Auch im Jahre 1877 war der Frühling ziemlich günstig. Der Sommer dagegen zählte nur wenige warme Tage und besonders zu der Zeit, wo es heiß sein sollte. Das Obst fiel recht mittelmäßig aus. Die Kastanien und die Weintrauben gelangten nicht zur vollständigen Reife und wurden teilweise gar nicht geerntet. Korn und Weizen gerieten ziemlich gut, dagegen bekam der Hafer wenig Kern. Auch die Kartoffeln fielen gut aus, doch fehlte es ihnen an Stärkemehl.

In diesem Jahr trat im gewerblichen Leben eine große Geschäftslosigkeit ein; viele Geschäfte mußten geschlossen werden, viele gingen zugrunde. Dazu kam noch der russisch-türkische Krieg, der noch vollständig die Erwerbsquelle verstopfte. Doch dieses allein konnte nicht die Ursache des großen Niederganges gewesen sein; die Gründe, die nicht gefunden werden konnten, mußten wohl tiefer liegen.

1876 wurde durch 11 Personen in der Gemeinde die Konsolidation hervorgerufen. Mit großem Unwillen trat man ans Werk. Als aber der Anfang gemacht war, sah man erst die Wohltat derselben ein, was eine viel bessere Stimmung hervorrief. 1876 im Herbst wurde das erste Feld und im Herbste 1877 das zweite Feld übergeben. Das Schulgut wurde um 88 a verkleinert. Als Entschädigung wurde das Gehalt des Lehrers auf 1.200 Mark festgesetzt.

“Getreue Nassauer!...” Und dann war wieder alles beim Alten! Revolution vorbei.
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