Dorfschulmeister Jakob Hölzer erzählt aus der Vergangenheit des Dorfes Niederhöchstadt

Nach langen Überlegungen entschloß sich die Historische Gesellschaft Eschborn, die "Chronik der Gemeinde Niederhöchstadt" des Dorfschulmeisters Jakob Hölzer für die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils Niederhöchstadt und als Dokumentation, die uns sagt, wie ein Lehrer Anfang unseres Jahrhunderts die Geschichte sah und lehrte, herauszugeben.

Immer schon hatten die Niederhöchstädter die Hoffnung, daß die von ihrem Lehrer Hölzer für den Schulunterricht von Hand im schönsten "Sütterlin" geschriebene Ortschronik gedruckt wird. Erstmals nach einer groß aufgemachten Ankündigung im Höchster Kreisblatt am 29. September 1934. Ein über vier Spalten gehender Artikel - unter der Überschrift "Was die Chronik von Niederhöchstadt erzählt" - in dem der Inhalt lobend beschrieben wird, wird wie folgt eingeleitet: "Eine sorgsam geführte Dorfchronik ist eine wahre Fundgrube nicht nur für die rein geschichtlichen Ereignisse der Vergangenheit, sondern auch für das Leben und Treiben der Altvorderen in guten und bösen Tagen. So weiß auch die von Lehrer Jakob Hölzer in der Vorkriegszeit angelegte und gewissenhaft geführte Chronik der Gemeinde Niederhöchstadt mancherlei Wissenswertes auch für die Außerhalb der Gemeinde Wohnenden zu berichten." Mitte der siebziger Jahre - noch in der Euphorie des Zusammenschlusses der beiden Stadtteile - wurde der Druck des Manuskriptes vorbereitet. Aus welchen Gründen die Drucklegung damals scheiterte, ist dem Herausgeber nicht bekannt. Ein zweiter Anlauf wurde 1995 unternommen. Doch auch dieser Druckauftrag wurde, nicht ausgeführt.

Auf ein Sprichwort bauend, das da sagt, daß "aller guter Dinge drei sind", hofft der Herausgeber, daß mit dem dritten Anlauf, d. h. mit dem nun vorliegenden Bändchen die Erwartungen der Niederhöchstädter erfüllt sind!

Lehrer Jakob Hölzer kam 1897 als Schulmeister aus Mammolshain nach Niederhöchstadt. Neben der Schulchronik, die er zu führen verpflichtet war, schrieb er die Chronik des Dorfes. Seinen eigenen Dorf- und Zeiterlebnissen stellt er die damals bekannte geschichtliche Vergangenheit der kleinen Taunusgemeinde voran. Er begann mit der vorgeschichtlichen Zeit unserer engeren Heimat und schließt mit dem Jahr 1925, in dem er aus dem Schuldienst ausschied. Er beendet sie mit einem Bericht über den Ersten Weltkrieg, in dem auch sein Sohn fiel. Deutlich merkt man den Anfängen des Manuskriptes die Quellenarmut und eine für unsere Zeit unkritische Geschichtsauffassung an. Mit Sicherheit können wir Christian Daniel Vogels "Beschreibung des Herzogthums Nassau" als die Quelle annehmen, aus der Jakob Hölzer schöpfte.

Der Leser muß sich bewußt sein, daß Jakob Hölzer 1871, als das Deutsche Kaiserreich in Versailles ausgerufen und der erste deutsche Kaiser gekrönt wurde, neun Jahre alt war, und in das sich verbreitende nationale Hochgefühl dieser Zeit hineinwuchs. Die höchsten Werte und anzustrebenden Tugenden der Deutschen dieser Zeit waren: "Für Gott, Kaiser und Vaterland" und "Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben". In diesem, für viele von uns nicht mehr nachzuempfindendem Geiste, schrieb Hölzer "seine" Chronik der Gemeinde Niederhöchstadt. Er war als Lehrer Beamter in diesem Deutschen Kaiserreich und selbstverständlich hatte er "gedient". All das hat seine moralische und politische Wertauffassungen geprägt und die Feder bei der Niederschrift der Chronik geführt.

Die Entscheidung, das Manuskript originalgetreu abzudrucken und sich dem Vorwurf auszusetzen, nationalistischer und militärischer Tendenz zu huldigen, oder die letzten Kapitel aus heutiger politischer Sicht umzuschreiben, kann und darf nur für das wortgetreue Manuskript - weil es ein Dokument der damaligen Zeit ist - entschieden werden. Es sind politische und geschichtliche Ereignisse, wie sie ein Dorfschullehrer aus seiner Sicht erlebte und gesehen hat. In diesem Sinne sollte auch seine Chronik gelesen werden, denn nur so kann sie verstanden werden.

An manchen Stellen erfolgen erklärende Anmerkungen vom Herausgeber durch in Klammern gesetzte kursive Schrift direkt an der betreffenden Stelle oder in größeren Textpassagen am Ende des Bändchens, auf die durch hochgestellte Ziffern im Text hingewiesen wird.

Es bedarf keiner Interpretation, daß Hölzers Geschichtsbild, und das unserer Väter im allgemeinen, über die "alten Germanen" darin bestand, daß deren Hauptbeschäftigung die Jagd und der Krieg war, und [sie] den Ackerbau den Frauen und den Sklaven überließen. Das zu glauben, ist jedem unbenommen. Aber wenn er zum Beispiel vom Krieg 1864 schreibt, wußte seine Generation noch, wer gegen wen gekämpft hat. Auch seine Schüler haben dies mit Sicherheit noch gewußt. Wir dagegen müssen schon zu einem Geschichtsbuch oder zum guten alten Brockhaus greifen. Um dies dem Leser zu ersparen, wurden die Erläuterungen am Ende des Bändchens angefügt.

Die Abbildungen sind kein Bestandteil des Hölzerschen Manuskriptes sondern ein Zugabe des Herausgebers. Damit hofft er, eine Bereicherung des Ganzen zu erreichen und das eine oder andere Zeitgeschehen bildlich zu unterstreichen. Die Abbildungen sind alle dem Archiv der Historischen Gesellschaft entnommen. (Diese Abbildungen sind in dem Beitrag auf dieser Homepage nicht wiedergegeben.)